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Sonett CXXII. William Shakespeare 1840 German

Fest steh’n die Tafeln, die du mir verehrt,
In meinem Haupt dem Andenken geweiht;
Sie sollen ragen über niedern Werth
Durch alle Zeit bis in die Ewigkeit.
5 Zum wenigsten so lange Herz und Haupt
Fortblüh’n in der naturgemäßen Kraft,
Bis seinen Theil von...

Sonett CXXIII. William Shakespeare 1840 German

Nie rühme meines Wechsels dich, o Zeit!
Bau’ Pyramiden auf in neuer Pracht,
Für mich sind sie auch keine Neuigkeit,
Nur altes Werk, in neue Form gebracht.
5 Beschränkt ist unser Ziel, und daher staunen
Wir an, was Alles du uns zugewandt,
Als ob du es...

Sonett CXXIV. William Shakespeare 1840 German

Wär’ nur ein Kind von Stande meine Liebe,
Wär’ vaterlos, Bastard des Glücks sie nur,
Die in der Zeiten Lieb’ und Hasse bliebe,
Kraut unter Kraut, Blum’ auf der Blumenflur.
5 Sie ward gebaut vom Zufall fern und weit,
Sie leidet nicht an Glanz und Pracht, sie...

Sonett CXXIX. William Shakespeare 1840 German

Des Geistes Aufwand bei der Schandthat Plan
Wird bei der That zur Lust, und bis zur That
Ist blutig, treulos, mördrisch, voll von Wahn,
Und wild die Lust, und roh und voll Verrath.
5 Befriedigt kaum, läßt sie des Ekels Spur;
Sinnlos wird sie begehrt, und kaum...

Sonett CXXV. William Shakespeare 1840 German

Sollt’ über dich ich Prunkgezelt’ ausbreiten,
Mit Aeußrem ehren deinen äußren Schein?
Gebäude gründen dir für Ewigkeiten,
Die dem Verfall bald Beute müßten sein?
5 Wie Viele, lüstern nach der Schönheit Gunst,
Sah Alles ich durch hohen Zins einbüßen?
Die...

Sonett CXXVI. William Shakespeare 1840 German

O du, mein holder Knabe, dessen Macht
Der Zeiten Sens’ und Stundenglas bewacht,
Der schwindend wuchs, und offen uns gelehrt,
Wie welk sein Freund, da Blüthe dir gewährt;
5 Wenn dich Natur, die Herrin aller Welt,
Im Vorwärtsgehen stets zurückehält,
So hat...

Sonett CXXVII. William Shakespeare 1840 German

Vor alter Zeit ward Schwarz nicht schön erachtet,
War’s, trug es doch der Schönheit Namen nicht;
Doch nun wird Schwarz als Schönheitserb’ betrachtet,
Und Bastardschmach entstellt ihr Angesicht.
5 Seit jede Stümperhand Natur sich glaubt,
Das Häßliche verschönt...

Sonett CXXVIII. William Shakespeare 1840 German

Wie oft, wenn du, o meine Holde, spieltest
Auf dem beglückten Holz, das zitternd tönt
Von deines Fingers Griff, wenn auf du wühltest
Des Gleichklangs Ton, nach dem mein Ohr sich sehnt,
5 Beneidet’ ich die Tasten, die in Eil’
Sich drängten, deine zarte Hand zu...

Sonett CXXX. William Shakespeare 1840 German

Des Liebchens Augen gleichen Sonnen nicht,
Ihr Mund, er ist so roth nicht wie Korallen,
Ihr Busen dunkel bei des Schnees Licht,
Wenn Locken Schlingen, schwarz die ihren wallen.
5 Wohl hab’ ich Rosen, roth und weiß geseh’n,
Doch also hold nicht Ihre Wangen blüh’...

Sonett CXXXI. William Shakespeare 1840 German

Tyrannisch bist du, jenen Andern gleich,
Die ihre Schönheit stolz und grausam macht;
Du weißt es wohl, in meines Herzens Reich
Stehst höher du als des Juweles Pracht.
5 Doch, glaub’ mir, Viele sagen, die dich schau’n,
Zum Seufzen könntst du Liebe nicht bethören...

Sonett CXXXII. William Shakespeare 1840 German

Ich liebe deine Augen, die voll Leid,
Daß mich dein Herz so mit Verachtung quält,
Sich hüllend in der Liebe Trauerkleid,
In holdem Schmerz mich fragen, was mir fehlt.
5 Und, wahrlich, nicht des Morgenhimmels Sonne
Steht schöner zu des Osts bleichem Gesicht,...

Sonett CXXXIII. William Shakespeare 1840 German

Verwünscht das Herz, das meins zum Seufzen zwingt,
Das Wunden meinem Freund und mir geschlagen!
Ist’s nicht genug, daß mir es Qualen bringt,
Sein sclavisch Joch soll auch mein Freund noch tragen?
5 Dein Aug’ hat grausam mich mir selbst entnommen,
Mein zweites...

Sonett CXXXIV. William Shakespeare 1840 German

So hab’ ich selbst bekannt, daß er sei dein;
Ich selbst, als deines Willens Pfand geweiht,
Gehöre dir, wenn du mein zweites Mein
Mir wiedergiebst, daß Trost es mir verleiht.
5 Doch weigerst du’s, und frei nicht wünscht er sich,
Denn geizig bist du, während er...

Sonett CXXXIX. William Shakespeare 1840 German

Versuche nicht, die Unbill zu beschönen,
Mit der du lieblos willst mein Herz betrüben;
Dein Mund, doch nicht dein Auge mag mich höhnen,
Brauch’ deine Kraft, doch mögst nicht List du üben.
5 Sag’, daß du Andre liebst; doch bin ich bei dir,
Laß deine Augen dann...

Sonett CXXXV. William Shakespeare 1840 German

Wenn Andre wünschen, hast du deinen Willen,
Hast Willen ganz und Will’n im Ueberfluß,
Dein Quäler, ich, genügend will ihn stillen,
Dem holden Willen füg’ ich bei als Schluß:
5 Willst du, die ist gewillt so reich und weit,
Nicht gütig bergen meinen Will’n in...

Sonett CXXXVI. William Shakespeare 1840 German

Schilt dich die Seele, daß ich kam zu nah,
Dann schwör’ ihr, daß dein Will ich war vor Allen;
Sie weiß es, er war gern gesehen da;
Möcht’ auch mein Liebeslied ihr so gefallen.
5 Will will den Schatz von deiner Liebe füllen,
Mit andern Willen füllen und dem...

Sonett CXXXVII. William Shakespeare 1840 German

Der thöricht blinde Gott, warum wohl trügt
Die Augen er, die seh’n und doch nicht recht?
Sie wissen, was Schönheit ist, wo sie liegt,
Doch schätzen Bestes sie, als wär es schlecht.
5 Wenn sich das Aug’, verzückt durch falsche Blicke,
Den Hafen sucht, dahin nun...

Sonett CXXXVIII. William Shakespeare 1840 German

Wenn Liebchen schwört, daß sie der Wahrheit treu,
Dann glaub’ ich’s ihr, wenn auch ich weiß, sie lügt,
Damit sie wähnt, daß Jüngling ich noch sei,
Mir unbewußt, wie falsche Welt betrügt.
5 So, thöricht denkend, daß sie jung mich hält,
Wenn auch sie weiß, mein...

Sonett I. William Shakespeare 1840 German

Vom schönsten Wesen wünschen Zuwachs wir,
Damit der Schönheit Rose bleibe ewig jung,
Und wenn der Reifre einstens schied von hier,
Sein Erb’ ihm wahre die Erinnerung.
5 Doch du, beschränkt auf deinen Flammenblick,
Nährst durch den eignen Brand der Flamme Gluth...

Sonett II. William Shakespeare 1840 German

Wenn eine vierzig Winter lange Zeit
In deiner Schönheit Feld furcht tiefe Spur,
Ist welkes Kraut der Jugend stolzes Kleid,
Jetzt hoch bestaunt und dann verachtet nur.
5 Gefragt dann: wo blieb deiner Schönheit Glück,
Wo all’ der Schatz aus schöner Tage Traum?...