• Die lügenhafte Phyllis

    Mein Damon spricht:
    »Kind, lüge nicht!
    Sonst werd’ ich strafen müssen,
    Und dich zur Strafe küssen.«
    5 Er droht mir, sieht verdrießlich aus,
    Und strafet mich schon im voraus.

    Sonst log ich nicht.
    Nun seit er spricht:
    Du sollst mir fein mit Küssen
    10 Die losen Lügen büßen,
    Red’ ich kein wahres...

  • Sie stehn vor mir · die augen voll im glühen ·
    Ein weiser engel schuf sie zum magnet.
    Es giesst auf mich sein diamantensprühen
    Ein göttlich brüderpaar das vor mir geht.

    5 Sie schützen mich vor schwerem fall und strafe ·
    Sie leiten stets mich auf des schönen spur ·
    Sie sind mir diener und ich bin ihr sklave ·
    Ich folge der lebendigen fackel nur...

  •      Sie sinkt, die Nacht! sie sinkt auf Mohn und Flieder,
    im Grabgewand’, von Leichenduft umwebt,
    ein kalter Schauder bebt mir durch die Glieder,
    Indeß der freye Geist sich zu entfesseln strebt!

    5      Verhallt, auf ewig! sind der Hoffnung Lieder,
    Verrauscht[1] der Freude goldnes Saitenspiel!
    Kein Gott facht die verlosch’ne...

  •           [17] Die liebe Farbe.

    In Grün will ich mich kleiden,
    In grüne Thränenweiden,
    Mein Schatz hat 's Grün so gern.
    Will suchen einen Zypressenhain,
    5 Eine Heide von grünem Rosmarein,
    Mein...

  • [21] Die neuen Fernen

    In der Stratosphäre,
    Links vom Eingang, führt ein Gang
    (Wenn er nicht verschüttet wäre)
    Sieben Kilometer lang
    5 Bis ins Ungefähre.

    Dort erkennt man weit und breit
    Nichts. Denn dort herrscht Dunkelheit.
    Wenn man da die Augen schließt
    Und sich langsam selbst erschießt,
    10 Dann erinnert man sich gern...

  • [33]
    DIE NEUNTE ELEGIE
     
    WARUM, wenn es angeht, also die Frist des Daseins
    hinzubringen, als Lorbeer, ein wenig dunkler als alles
    andere Grün, mit kleinen Wellen...

  • [104] Die reaktionäre Masse

    Ihr meint noch jetzt, daß es ein Rätsel sei
    Und daß des Volkes Spruch euch überrasche?
    War Reich und Kaiser nicht das Feldgeschrei?
    Jawohl, doch meintet ihr – die eigne Tasche...

  • [66] Die rheinischen Weinbauern.

    An Ahr und Mosel glänzten
    Die Trauben gelb und roth;
    Die dummen Bauern meinten,
    Sie wären aus jeder Noth.

    5 Da kamen die Handelsleute
    Herüber aus aller Welt:...

  • [81] Die rote Fahne

    Inmitten all der bunten Fahnen,
    Die auf der weiten Erde wehn,
    Und die auf blutgetränkten Bahnen
    Voraus den Sturmkolonnen gehn,
    5 Von denen jede mahnt an Leichen
    Und an der...

  • Bin die Rosa …! Mit mir geht Leichenludewig.
    Meine roten Haare trag’ ich à la Schneppenstrich.
    Geh’ ich vorüber, sagt man: „Die rote Rosa ist das
    von der Rotengaß.“

    5 Manche Männer seh’n alles schneeweiß und gut,
    sind dösige Dickwänste, haben kein Blut!
    Meiner hat Blut, sieht alles rot wie Haß
    in der Rotengaß.

    Sein Oller sah alles...