• Oft beklag ich mich bey dem Geschick:
    Hast du denn für mich kein Glück?
    O! so nimm mein allzuweiches Herz,
    Diesen Quell von allem Schmerz.

    Ist der Thor nicht glücklicher, als ich?
    Stolz und kalt verlacht er mich;
    Und wenn hatt' er jemals einen Gram,
    Der ihn an die Seele kam?
    ...

  • Im May 1775

    Wenn ich deine Schöpfung seh,
    Voll Bewundrung vor dir steh,
    Gott, wie wird mein Geist entzückt!
    Gott, wie fühl ich mich beglückt!

    Wenn der junge Morgenstrahl,
    Nun erwachend...

  • Im December 1774

    Holder Frühling, wann erscheinst du wieder?
    Wann entzücken deiner Sänger Lieder,
    Deine Veilchen, deine Rosen mich?
    Wann beleben schmeichelhafte Weste
    Junge Knospen hoffnungsvoller Aeste?...

  • Was hab' ich dir gethan, mein Herz?
    Du schlägst so ängstlich, schlägst so bange,
    Antwortest nicht, schweigst mir so lange:
    Was hab' ich dir gethan, mein Herz? -

    Sonst warst du anders, gutes Herz,
    Du warst nicht stumm bey meinen Fragen,
    Und fehlte dirs; du konntest klagen,
    Und übernachtet hat...

  • O Chloe! wärst du mir so treu,
    Wie dir dein Schäfgen ist!
    So bald du rufst, eilt es herbey,
    Ist gern von dir geküßt.

    Wohin du gehest, folgt es dir,
    Zum Hügel, in den Wald,
    Und deine stille Laube hier
    Ist auch sein Aufenthalt.

    Aus deinen Händen nimmts den Klee,...

  • Es weidet Milon stets allein
    Im Eichthal an dem Bach,
    Und eilet in den tiefsten Hain,
    Folgt ihm ein Hirte nach.

    Da dringt nicht mehr der Sänger Lied
    An sein verschloßnes Ohr,
    Da seufzt er, daß ihn Chloe flieht,
    Den Espenbäumen vor.

    Meynt er, weil ihm mein Auge nicht...

  • Seht die sanfte Minna, seht,
    Wie sie da so reizend steht!
    Wie sich alles zu ihr drängt,
    Und an ihren Augen hängt!

    Ihres Lob's ist jeder voll.
    Wissen möcht' ichs wirklich wohl,
    Was ihr diese Reize giebt,
    Und warum man sie so liebt?

    Was man schön heißt, ist sie nicht:...

  • Dich, Lilla, sollt' ich wohl besingen:
    Denn wer verdients, wie du so sehr?
    Allein, erst müßt' ich dich um etwas bringen:
    Ich sollte doch aus meinem Herzen singen,
    Und sieh nur Kind, ich hab' es ja nicht mehr.

    aus: Gedichte von Karoline Christiane Louise Rudolphi...

  • Daß manch entferntes Land mich kenne,
    Und daß man meinen Namen nenne,
    Wenn man von grossen Dichtern spricht,
    Den Ruhm, o Daphne, wünsch' ich nicht.

    Daß ich, wenn ich im Schoos der Erde
    Längst Asche bin, gepriesen werde,
    Vom lauten, lärmenden Gerücht,
    Den Ruhm, o Daphne, wünsch' ich nicht....

  • Hörst du den feyerlichen Klang?
    Empfindung füllt mein Herz,
    Die es noch nie zuvor durchdrang,
    Entzücken, Andacht, Schmerz!

    O Daphne, dieser Augenblick
    Bekrönt ein liebend Paar,
    Es schwört sich seines Lebens Glück
    Am heil'gen Traualtar.

    Belohnt ist nun der Tage Reih,...