Was hab' ich dir gethan, mein Herz?
Du schlägst so ängstlich, schlägst so bange,
Antwortest nicht, schweigst mir so lange:
Was hab' ich dir gethan, mein Herz? -
Sonst warst du anders, gutes Herz,
Du warst nicht stumm bey meinen Fragen,
Und fehlte dirs; du konntest klagen,
Und übernachtet hat kein Schmerz.
Du warst ein treues offnes Herz;
Ich konnte jedem Schlage trauen;
Bis auf den Grund konnt' ich dir schauen:
Izt bist du anders, liebes Herz!
Sonst warst du gar ein friedlich Herz,
Und wußtest fremde Lust zu theilen,
Und wußtest fremden Schmerz zu heilen;
Und ehrtest Ernst, und liebtest Scherz.
Izt bist du anders, liebes Herz,
Du schmähst wohl gar die arme Freude,
Und immer ist dir was zu Leide:
Du bist ein wunderliches Herz.
Wer spielte dir doch den Betrug? -
Kein Sternchen ist dir weiter helle,
Kein Bäumchen steht auf rechter Stelle,
Kein Veilchen riecht dir süß genug.
Sag', liebes Herz, o sag' es mir,
Ich bitt', hast du kein Kind gesehen,
Mit süssem Blick, und holdem Flehen,
Gebückt vor deiner kleinen Thür?
Ein Knäbchen lieblich anzuschaun -
Nichts gleicht dem unschuldsvollen Kinde
Man hielt es wohl für schwere Sünde,
Ihm nur ein Ränkchen zuzutraun.
Hast du den Buben nicht gesehn?
Sich in ein armes Herz zu nisten,
All seine Freuden zu verwüsten,
Dies soll er meisterlich verstehn.
Es soll ein böser Bube seyn. - -
Mit seinen krausen goldnen Locken
Mit seinen honigsüssen Brocken,
Ich bitte dich, laß ihn nicht rein.
Doch ach! erschlich er schon sein Haus,
Wußt' er dich schmeichelnd zu bethören?
So muß ich, muß ich dich beschwören,
Bey allen Freuden, laß ihn raus!
aus: Gedichte von Karoline Christiane Louise Rudolphi
Herausgegeben und mit einigen Melodien begleitet
von Johann Friedrich Reichardt
Berlin 1781