• Andenken.
    Athmet von Lüftchen bewegt, die Linde mit stillem Gesäusel,
         Wähn’ ich, es beb’ um mich, leise dein zärtlicher Laut.
    Seh’ ich von fern ein Gewand, an Farbe ähnlich dem deinen,
         Zuckt mir ein lieblicher Schreck schauernd durch Mark und Gebein.
    5 Zeichnet mit Rosengewölk der Tag die beginnende Laufbahn,
         Stralet der Aether so blau,...

  • Genius der Freiheit! Du der glühend
    sich ins Herz der Nationen taucht,
    wo ein Strahl von Menschenwürde schlummert,
    schnell den Strahl in lohe Flammen haucht,

    5      Wo, an welchem Himmelsfeuer zündest
    du die Fackel? – Welche Sonne leiht
    ihren Strahl dir, daß von ihm erwärmet
    jede Zone dir Altäre weiht? –

         Mächtig zwar rührt auch der...

  • Wer hellt mit sanftem Tagesschein
    des Lebens düstre Wüsteneyn? –
    Wem dank’ ichs, daß nach trüber Nacht
    der Freude Blick mir wieder lacht? –

    5      Dir, Götterfunken! dir Genie!
    dir beug’ ich dankend meine Knie! –
    Ein Stral von dir in Wüsteneyn
    streut Blumen hin auf Fels und Stein.

         Dein kühner Flug strebt himmelauf,
    10 durch...

  • Das Lieblingsörtchen.

         Wohl wölbet sich lieblich am kühligen Bach
    Manch duftend Gewinde zum blühenden Dach;
    Wohl hat sich schon mancher, von Sehnsucht gequält,
    Ein heimliches Plätzchen zum Freunde gewählt;

    5      Doch kennt’ ich sie alle, die Stellen der Ruh,
    Es machte von allen mir keine, wie du,
    Du Dörfchen im stillen bescheidenen Grund...

  •      Unaufhaltsam wie auf Sturmes Flügeln
    Schwinden Jahre – Ach, den Flug der Zeit
    Hemmt kein Wünschen, keine Freuden tauchen
    Aus den Wellen der Vergangenheit.

    5      Weh dem Armen, dem am Lebenspfade
    Ungepflückt das kleinste Blümchen blüht,
    Ungehascht der junge May enteilet
    Und des Glückes goldne Hora flieht!

         Bald entflogen ist...

  •      Sie sinkt, die Nacht! sie sinkt auf Mohn und Flieder,
    im Grabgewand’, von Leichenduft umwebt,
    ein kalter Schauder bebt mir durch die Glieder,
    Indeß der freye Geist sich zu entfesseln strebt!

    5      Verhallt, auf ewig! sind der Hoffnung Lieder,
    Verrauscht[1] der Freude goldnes Saitenspiel!
    Kein Gott facht die verlosch’ne...

  • Erinnerung und Phantasie.

    Warum ergießt sich nur der Schwermuth Schauer
         Aus deiner Schaale mir, Erinnerung?
    Warum bewölkt der Sehnsucht stille Trauer
         Der Seele Blick mit trüber Dämmerung?

    5 Sie flattert ängstlich mit gelähmtem Flügel
         Um Blüthen der Vergangenheit, enteilt
    Auf ewig, wie bei seinem Grabeshügel
         Ein...

  • Frühling.

         Düfte wallen – Tausend frohe Stimmen
    Jauchzen in den Lüften um mich her,
    Die verjüngten trunknen Wesen schwimmen
    Aufgelöst in einem Wonnemeer.

    5      Welche Klarheit, welches Licht entfließet
    Lebensvoll der glühenden Natur!
    Festlich glänzt der Aether, und umschließet,
    Wie die Braut der Bräutigam, die Flur.

         ...

  • Schwärmerei der Liebe.

    Wo über Gräbern die Zipresse trauert,
    Weilt oft von trauriger Beruhigung,
    Und unbekannten Ahnungen durchschauert
    Mit nassem Auge die Erinnerung.

    5 Und auf der Hoffnung sanft verklärten Wegen
    Wallt der Verlaßne in den Aetherhain
    Der bessern Welt dem fernen Freund entgegen
    Und findet ihn in heil’gem Dämmerschein....

  • Vergangenheit.

          Des Dörfchens Weidenkranz verschwimmt im grauen Duft,
    Am falben Busche weht der Abendhauch,
    Die Vögel taumeln träg durch feuchte Luft,
    Und durch die Bäume dringt der Hütten Rauch.

    5       Der Tag, der durch der Dünste weißen Flor,
    Mit goldnem Aug der öden Flur gelacht,
    Berührt der dunkeln Göttinn graues Thor,
    Und...