Leonie Spitzer

  • 1.
    Wenn Sonntagskinder das Flämmchen sehn,
    ob Brunnen, Weihern und einsamen Schachten,
    du siehst es auf menschlichen Stirnen stehn,
    wo heimlich verborgene Schätze nachten. (S. 44)...

  • In Memoriam M. V.

    I.
    Als du zu mir kamst im nachlässigen Kleid
    derbschädelige Bauernrasse,
    da schienst du mir aus einer andern Klasse...

  • Bin ich bei dem Geliebten zu Gast,
    kam ich um auszuruhn,
    schüttelt an seiner Tür die Last
    mit dem Staub von den Schuhn.

    Alles Sehnen und Wünschen schweigt
    in der Erfüllung Maß,
    daß ich, über sein Antlitz geneigt...

  • Auch das leiseste Wort
    streift von des heilgen Erleben
    schüchternem Flügelbeben
    etwas Schimmerstaub fort.

    Daß es bei keinem Schlage
    von seinem Reichtum verlier,
    dulde, daß schweigend zu dir
    mein Herz...

  • Ich wollt ich wär die Geige
    unter deinem Kinn,
    daß sich dein Antlitz neige
    zu mir hin,

    ganz ernst und unbewußt,
    voll deines Glücks und Leides,
    (Oh glaube mir, für beides
    ist Raum in meiner Brust.)...

  • Es kommt mir, halb im Schlaf, zu Sinn:
    da droben geht noch - nirgendshin -
    über die Heide der Wind:
    indessen dir hier - beglückender Tausch! -
    mein Leben in berückendem Rausch
    durch deine Finger rinnt.

    Der Wind...

  • (nach D'Annunzios della Morte)
    "strumento di piacere e di volutta"

    I.
    Nah dem Gotte meiner Kinderzeit
    ist der Liebe Tag mir...

  • Ich suchte dich, so wie die endlos bang
    durchwachten Nächte auf mir lagen.
    Ich suchte dich die vielen Stunden lang
    an meinen öden, immer gleichen Tagen,
    und meiner Sehnsucht müde Stimme rang
    zu dir bei meiner Pulse lauten...

  • Zu müde, um des Tages Last zu buchen,
    will ich die Ruh in schwerem Schlafe suchen.

    Und weiß nicht, was geheimnisvoll mich zwingt,
    in mich zu lauschen: und die Seele singt.

    Sie singt? Ich horche näher und mir scheint
    ...

  • Oft weiß ich plötzlich: nichts ist von Bestand.
    Ich fühle den Boden unter mir ein Meer,
    das Morgen ist noch nicht, das Gestern ist nicht mehr,
    das Heute ist ein schmaler Streifen Land,

    der aufsteigt aus der ungewissen Flut
    ...