Widmungen

1.
Wenn Sonntagskinder das Flämmchen sehn,
ob Brunnen, Weihern und einsamen Schachten,
du siehst es auf menschlichen Stirnen stehn,
wo heimlich verborgene Schätze nachten.

2.
Du wandelst Stein zu Brot. Der dürre Ast
begrünt sich unter deinen Händen.
Den du ihm abgerungen hast,
du darfst den Reichtum Gottes ganz verschwenden.

3.
Sei mir nicht böse,
wenn ich von meines Tags noch dunklem Rand
für dich die erste Morgenstunde löse.
Dann ist mein Mund noch nicht entweiht
von müßigen Worten, meine Hand
noch nicht entweiht von müßiger Mühe.
Ich komme aus der tiefsten Einsamkeit,
aus meines Schlafes Absolution
so unberührt, als wärs Gottes Thron
zu Dir in dieser Herrgottsfrühe.

4.
Meine Gedanken, die
immer bei dir sind,
sagten oft dir heimlich Du,
wie man eben Du sagt im Gebete.
Wenn ichs immer täte,
sag mir, wärs dann nicht wie Blasphemie?
Und du sagst mir: Tu
es getrost, sowie als Kind,
eh du einen Menschen nanntest Sie.

5.
(mit einer Armbanduhr)
Ist's Vermessenheit - Du mußt verzeihn:
möchte immer, immer bei Dir sein.
Enge, aber so, daß Dich's nicht stört,
wie ein Ding nur, das Dir zugehört.
Weil ich noch nicht bin, so wie ich sollte
nimm Du dies Symbol - des, was ich wollte:
Wie ein leiser Griff, der Dein Gelenk umfaßt,
mehr als bloße Sache, fast
wie ein Herz, das schlägt, weil es Dich liebt,
wie ein offnes Antlitz, das Dir Auskunft gibt.
Aber stumm, wenn Du es nicht befragst,
nicht erbittend, was Du ihm versagst.

Collection: 
1978

More from Poet

  • 1.
    Wenn Sonntagskinder das Flämmchen sehn,
    ob Brunnen, Weihern und einsamen Schachten,
    du siehst es auf menschlichen Stirnen stehn,
    wo heimlich verborgene Schätze nachten.

    2.
    Du wandelst Stein zu Brot...

  • In Memoriam M. V.

    I.
    Als du zu mir kamst im nachlässigen Kleid
    derbschädelige Bauernrasse,
    da schienst du mir aus einer andern Klasse
    und tatst mir leid:

    Ich war die Gebende, als ich dir Liebe bot.
    So...

  • Bin ich bei dem Geliebten zu Gast,
    kam ich um auszuruhn,
    schüttelt an seiner Tür die Last
    mit dem Staub von den Schuhn.

    Alles Sehnen und Wünschen schweigt
    in der Erfüllung Maß,
    daß ich, über sein Antlitz geneigt,...

  • Auch das leiseste Wort
    streift von des heilgen Erleben
    schüchternem Flügelbeben
    etwas Schimmerstaub fort.

    Daß es bei keinem Schlage
    von seinem Reichtum verlier,
    dulde, daß schweigend zu dir
    mein Herz...

  • Ich wollt ich wär die Geige
    unter deinem Kinn,
    daß sich dein Antlitz neige
    zu mir hin,

    ganz ernst und unbewußt,
    voll deines Glücks und Leides,
    (Oh glaube mir, für beides
    ist Raum in meiner Brust.)

    ...