Gottfried Kinkel

  • Uns zur Seiten alle Stunden
    Gehn geliebte Todte mit,
    Und Geschlechter, die geschwunden,
    Stäuben auf bei unserm Tritt.

    Doch auch durch die Himmelsräume
    Täglich strahlt das Morgenroth -
    Aus den Gräbern wachsen...

  • In stiller Dämmerstunde,
    O Liebste, denk' ich dein;
    Es perlt im Herzensgrunde
    Mir der Erinn'rung Wein.

    In diesem halben Schimmer,
    Vom Tag nicht mehr belauscht,
    Hast du mit mir ja immer
    Der Liebe Lust...

  • Dein Tüchlein blieb in meiner Hand,
    Von deinen Thränen war es kühl getränkt,
    Ich habe meines Auges Brand
    In seine Falten sehnend eingesenkt.

    Dein Schmerz ist mein: so will's das Recht
    Der gleichen Theilung - gönne mir es...

  • Du bist ein wunderliches Kind!
    Du willst es mir im Ernste klagen,
    Verdrießen könnt' es dich und plagen,
    Wenn um uns andre Freunde sind,
    Und wenn des Brauches enge Schranken
    Festketten unsre Glutgedanken?

    Nein!...

  • Ihr flücht'gen Zeilen, hin zu ihr!
    Doch was habt ihr zu sagen?
    Nah ist die Stunde noch, da wir
    Uns in den Armen lagen.
    Wir sprachen's aus mit manchem Kuß,
    Mit Herz an Herzen Drücken,
    Wie wir im Liebesüberfluß...

  • O holde Thörin, kannst du wähnen,
    Uns gingen je die Lieder aus,
    Weil endlich trocknen unsre Thränen
    Und fern liegt der Verzweiflung Graus?
    Weil unsrer Liebe wilde Lohe
    Im purpurrothen Kuß zerstiebt,
    Entwich die Muse...

  • Ja, sie war hier! O sage dir es wieder
    Und immer wieder, frohbewegte Brust!
    Empfinde ganz sie, der Erinn'rung Lust,
    Ergieße sie im Jubelklang der Lieder.

    Es bringt der Tag auf hellem Lichtgefieder
    Der scheuen Lieb'...

  • 1840

    Süß ist die mitternächtige Stunde,
    Die weit die Herzen offen schließt,
    Wenn von des Liebchens jungem Munde
    Manch traut Geheimniß...

  • (Februar 1840)

    1.
    Still war mein Knabenleben, eng und klein;
    Drum gruben sich auf meines Herzens Grund
    Nur wenig Bilder, aber farbenbunt...

  • Es kommt aus West am Maientag
    Schmelzend ein Hauch gezogen;
    Von frischem Laub ist grün der Hag,
    Der Grabesstaub verflogen.
    Wir brauchen der Blumen nicht länger zu warten:
    Die Mutterlieb' in Lilienpracht
    Und die Rose...