Liebesgruß

Dein Tüchlein blieb in meiner Hand,
Von deinen Thränen war es kühl getränkt,
Ich habe meines Auges Brand
In seine Falten sehnend eingesenkt.

Dein Schmerz ist mein: so will's das Recht
Der gleichen Theilung - gönne mir es still,
Denn der versteckt die Liebe schlecht,
Der Lust nur mit dem Liebchen theilen will.

Hier send' ich dir das Tuch zurück;
Laß du nun deine Lippen auf ihm ruhn;
Mein Busen schwillt von stolzem Glück -
Du theilst dieß Glück mit mir zum Danke nun!

Aus: Gedichte von Gottfried Kinkel
Sechste Auflage Stuttgart und Augsburg
J. G. Cotta'scher Verlag 1857

Collection: 
1857

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Uns zur Seiten alle Stunden
Gehn geliebte Todte mit,
Und Geschlechter, die geschwunden,
Stäuben auf bei unserm Tritt.

Doch auch durch die Himmelsräume
Täglich strahlt das Morgenroth -
Aus den Gräbern wachsen Bäume...

In stiller Dämmerstunde,
O Liebste, denk' ich dein;
Es perlt im Herzensgrunde
Mir der Erinn'rung Wein.

In diesem halben Schimmer,
Vom Tag nicht mehr belauscht,
Hast du mit mir ja immer
Der Liebe Lust...

Dein Tüchlein blieb in meiner Hand,
Von deinen Thränen war es kühl getränkt,
Ich habe meines Auges Brand
In seine Falten sehnend eingesenkt.

Dein Schmerz ist mein: so will's das Recht
Der gleichen Theilung - gönne mir es still...

Du bist ein wunderliches Kind!
Du willst es mir im Ernste klagen,
Verdrießen könnt' es dich und plagen,
Wenn um uns andre Freunde sind,
Und wenn des Brauches enge Schranken
Festketten unsre Glutgedanken?

Nein! Erst...

Ihr flücht'gen Zeilen, hin zu ihr!
Doch was habt ihr zu sagen?
Nah ist die Stunde noch, da wir
Uns in den Armen lagen.
Wir sprachen's aus mit manchem Kuß,
Mit Herz an Herzen Drücken,
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