Ich wall' im klaren Sonnenscheine:
Mein süßes Liebchen wallt vor mir;
Am Boden malt mit scharfen Raine
Der Schatten sich von mir und ihr.
Und vor zu ihren Bilde reichet
Mein Schatten, sich verlängernd, hin:
Sie stehet sich nicht um, und weichet; —
Wohl merkte sie, daß ich es bin!
Da regt sie still das weiche Händchen;
Ihr Schatten regt zugleich die Hand:
Und ihrer Finger Schattenrändchen,
Sie suchen einen Schattenrand.
Da streck' ich ihr die Hand entgegen,
Das Mädchen scheint mich zu verstehn:
Und unsre Schattenhände legen
Wir in einander — ungesehn.
Aus: Johann Gabriel Seidl's Dichtungen Erster Theil
Balladen, Romanzen, Sagen und Lieder
Wien Druck und Verlag von J. P. Sollinger 1826