VII.

VII.

Verwandlung

Wenn ich deinen Brief entfalte,
Den du weit mir hergesendet,
Muß ich glauben, muß ich meinen,
Daß mein Herz sich ganz gewendet!
Denn es schlägt mit leisem Pochen
Deiner lieben Schrift entgegen;
Glaubt' ich doch vor wenig Wochen:
Nimmer könntest du's bewegen!

Wenn ich dieses Blatt betrachte,
Das auf wilden Meereswogen
Als ein Bote treuen Sinnes
Kam zu mir herangezogen,
Das durch viele Länder eilte,
Längst Gehörtes zu erneuern,
Fühle ich ein heißes Drängen,
Dir das Gleiche zu betheuern!

Wenn ich diese Worte lese,
Die aus deinem Innern quellen,
Fühl' ich meine Kraft erschüttert,
Sehe Düst'res sich erhellen.
Denn das Tiefste - Seelenvollste
Der Empfindung ist dir eigen,
Und es soll mich nicht beglücken,
Das wir uns so völlig gleichen?

Alle deine Worte suchen
Einem Sinne nachzustreben,
Doch in immer neuen Bildern
Strömt aus ihnen reges Leben.
O wie reich ist diese Sprache,
Und wie lieb sind diese Laute!
Wohl ist's mehr, als zu entschuld'gen,
Wenn ich ihnen ganz vertraue!

Wenn ich diese Blüthe nehme,
Will ich an mein Herz sie schmiegen,
Ihr die Heimath zu ersetzen,
Deinem Willen zu genügen.
Unter Myrthen und Orangen
Hast du sie für mich gepflücket -
Was nicht Worte sagen können,
Sinnvoll durch sie ausgedrücket.

Und du sagst mir: es sei Alles,
Was ich wollte, d'rauf zu lesen, -
Tauschest so mit meiner Seele,
Senkest so dich in mein Wesen!
Meinem eignen Willen also
Hast du dich anheimgegeben,
Denn du weißt es, daß nur fester
Sich dadurch die Bande weben.

Sieh! so weckest du mein Herz, zu
Unruhvollen lauten Schlägen,
So weißt du dein Bild der Seele,
Neu geschmücket, einzuprägen.
Ach, was ich noch mehr empfunden
Will ich dir nicht eingestehen,
Aber wär'st du nun mir nahe,
Könntest du es deutlich sehen!

Und weil du, von Glanz umgeben,
Der so manches Auge blendet,
Dennoch dich zur wahren Ehre
Edler Denkungsart gewendet,
Und weil du, so weit entfernet
Mein gedacht, - für mich gelebet -
So hab' ich seither nach höhern
Freuden nimmermehr gestrebet,

So vermag nur solcher Liebe
Himmelsstrahl mein Herz zu rühren,
Das nur einem Schmerz erläge:
Dich, o Theurer! zu verlieren!
Doch vermögen Ströme, Meere,
Länder, Menschen, uns zu trennen?
Nein! - im Sturmflug der Gedanken
Darf ich uns vereinigt nennen! -

Collection: 
1843

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