Ach ungemeine Lust recht treu-gesinnter Seelen/
Weil ihr Vergnügen bloß in reiner Liebe ruht!
Wo weder Zeit noch Glück durch die Entfernung qvälen/
Weil Schertz und Gegenwart stets schön im Geiste thut.
Ach aber bittrer Schmertz! dem Gall und Wermuth weichen/
Wenn schnöder Unbestand der Hertzen Führer heist/
Wenn keuscher Liljen-Schmuck bey Nesseln muß erbleichen/
Und das vergiß mein Nicht der Falschheit Hand zerreist.
Wenn reiner Sonnen Glantz in trüber Nacht verschwindet/
Das ihre Blume sich nach ihr nicht lencken kan.
Wenn man der Treue Strahl in keinem Schatten findet/
Dem Eulen schwartzer Lust nur bleiben unterthan.
Ach unerhörter Schmertz! Wenn unsrer Brust erstirbet/
Was ihr die Süssigkeit des schönsten Lebens schenckt.
Wenn Treu und Liebe nicht das frohe Ziel erwirbet/
Wornach die Sehnsucht sich so lange Zeit gelenckt.
So klagt mein Matter Geist die meisten Augenblicke/
Wenn ihm sein Freuden Stern durch keine Zeilen scheint/
Wenn ich nach Weissenfelß vergebne Seufftzer schicke/
Und mir dein Wanckel Muth nun alle Gunst verneint.
Ists möglich/ da der Mond schon dreymal zugenommen/
Daß mir dein Gnaden-Licht nicht einmahl scheinen soll?
Nein/ du bist meinen Haupt in halben Circul kommen/
Und deine Gütigkeit wird nur bey andern voll.
Vergib mir/ wo der Kiel aus meiner Seele schreibet/
Und das hier deine Hand des Hertzens-Siegel bricht;
Du weist/ das Schmeicheley der Tugend Feind verbleibet/
Daß zwar die Schmincke ziert/ doch sonder Flecken nicht.
Denn sage mir/ warum/ untreue Selimene!
Warum mein treuer Brieff gantz sonder Antwort liegt?
Warum ich mich allein aus keuscher Liebe sehne/
Warum mein Wünschen stets in tauber Lufft zerfliegt?
Zum schreiben hast du ja annoch gesunde Glieder/
Und Feder und Papier wirfft dein Herr Schwager hin:
Geschwinde Posten gehn auch immer hin und wieder/
Auff welcher faulen Post geht dein verkehrter Sinn?
Wil etwan dir die Zeit anitzt zu kostbar werden/
Die du in meiner Gunst zuvor verschwendet hast?
Und denckest du nicht mehr an Liljen fremder Erden/
Wenn deine Gegenwart das Leffel-Kraut umfast?
Ach hast du dieses Kraut nicht gnug von mir genossen/
Und bringt sein Saamen dir im Geiste keine Frucht?
Nein/ Liebes-Stöckel muß aus Leipzig nur entsprossen/
Daran dein Appetit sich nun zu letzen sucht.
Du spielest nur mit mir umsonst die Fastenachten/
Ich bin kein Kind nicht mehr/ daß man mit Larven schreckt/
Und läst das Schicksal mich dein Auge nicht betrachten/
Ist dein Gemüthe mir doch nackend auffgedeckt.
Wie lange hast du dich in Weissenfels ergetzet?
Wie lange hielt' ein Schmauß vor die aus Leipzig an?
Wie lange ward der Weg nach Barbi fortgesetzet?
Wie lange hast du nun mit ihnen schön gethan?
Wie lange hast du auch du schöne Selimene!
An deinen treuen Freund und seine Lust gedacht?
Vielleicht/ (damit ich nur die Falschheit nicht beschöne)
Wenn dein Gewissen ist durch Tugend auffgewacht.
Vielleicht wird dich der Zorn auch gegen mich erbittern/
Und kein geneigtes Aug' auff diese Zeilen sehn;
Doch glaub' ich fürchte mich vor keinen Ungewittern/
Die nur durch anderer/ nicht meiner Sonn entstehn.
Doch ach! wie kan ich wohl so schweren Zorn ertragen/
Da mir ein kleiner Haß schon sehr zu Hertzen dringt!
Doch such ich ihn nicht selbst? Nein seh auff meine Plagen/
Und wie Verzweiffelung mich aus mir selber bringt.
Der Meyneid klagt dich an/ du must dich selber straffen/
Und was kan ich dafür/ was Schmertz und Jammer macht:
Die Ungedult erbost auff den beliebten Haffen/
Wenn andern mehr als ihr die frohe Schiffahrt lacht.
Denn ach! ich muß vor dir noch was in Hertzen fühlen/
Das von der Zärtlichkeit der vor'gen Liebe stammt/
Ich spür' in meiner Brust noch keusche Funcken spielen/
Und wie dein Augen Strahl in heisser Asche flammt.
Drum so vergib mir nur/ daß ich dich noch muß lieben/
Und deinen Unbestand beständig werden muß/
Das Schicksal hat es doch am meisten so verschrieben:
Die treuste Seele kriegt der Untreu ärgsten Kuß
Denn wer die Tugend liebt/ kan nicht so leicht vergessen/
Wie Lust und Lieblichkeit ihn ehemahls beglückt/
Und wer in frohen Lentz bey Rosen hat gesessen/
Wird auch im Winter noch bey Dornen dran erquickt.
Ich dencke noch der Zeit/ wie wir vor Lust zerflossen/
Als uns der Seelen Leim an treue Lippen hing/
Als ich der Götter Kost in deinen Mund genossen/
Wie mein verliebter Geist auff Purpur Rosen ging:
Als meine Hand dem Stahl/ dein Schatz Magneten gliche/
Und reine Brüste Schnee mir Gluth und Kühlung hieß.
Wie meine Seele gar aus ihren Schrancken wiche/
Wenn mich mein Engel nicht aus Edens-Garten stieß.
Ja wie das Zauberwerck der Zucker-süssen Lüste/
Das schöne Laborynth/ so alle Welt bestrickt/
Ach was! du weist es wohl/ und auch daß dis Gerüste
Sich besser unter mir/ als todte Verse schickt.
Nun schöne Grausame! schau wie in jeden Worte
Noch deiner Augen Macht versteckte Flammen weist.
Und dencke/ schliessest du mir gleich die Liebes-Pforte/
So ist es vor den Leib/ doch nicht vor meinen Geist.
Ich sehe dich zwar nicht/ doch bist du stets zugegen/
Es zündet mir dein Licht des Tages Fackel an/
Die Schatten müssen auch dein Bildniß zu mir legen/
Und Träume führen mich auff deine Liebes-Bahn.
Ach! Träume wissen offt in duncklen vorzustellen/
Was uns am Tage nicht der Schauplatz sehen läst.
Drüm wird mir mancher Traum zu solchen Thränen-Quellen/
Die mir dein Ungelück/ nicht meines aus geprest.
Mein Geist beweinte dich - - doch nein/ ich will nun schreiben/
Was noch vor alle Gunst mein letzter Seufftzer ist:
Weil du mir/ Engels Kind/ nicht kanst gewogen bleiben/
Und dich der Wanckelmuth mit frembden Lippen küst/
Weil mein Gelücke nicht zu weissen Fels will grünen/
Weil sich der letzte Brieff zu deinen Händen wagt/
Ja weil ich nun vor dir auff ewig werde fliehen/
Und meine Wehmuht nur betrübten Abschied sagt:
So wünsch ich/ küsse nur die angenehmsten Stunden/
Ob mir dein Unbestand gleich Marter-Wochen macht.
Und glaube/ meine Quaal hat Linderung gefunden/
Wenn nur mein Hertz erfährt/ daß dein Vergnügen lacht.
Laß aber deinen Sinn stets an dem Himmel kleben/
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Laß alle Gratien üm deine Lippen schweben/
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