An Selimenen

So wolt ihr mich getreue Sinnen quälen/
Und stellt mir stets ein Englisch Bildniß für?
Ihr küsset zwar die Schönste meiner Seelen/
Allein mich reist des Schicksals Macht von ihr.
Ach küsset sie und martert mich dabey/
Ihr seyd getreu.

Ihr seyd getreu der schönen Selimenen/
Die meine Brust vor ihre Göttin hält.
Ach muß ich mich nach dir vergeblich sehnen!
Verbanst du mich noch endlich aus der Welt?
So thu es nur/ du bist mein ander ich/
Verbanne mich.

Verbanne mich auch zu den wilden Mohren/
Ja heiß mich gar in öde Wüsten gehn:
Ich habe mich als Sclave dir verschworen/
Und bins bereit gehorsamst auszustehn.
Doch siehe nur bey meinen Elend an/
Was Gnade kan.

Was? Gnade kan mich auch wohl wieder küssen/
Soll ich demnach wie vormahls glücklich seyn/
So lauff ich gleich mit Tyger schnellen Füssen
Und stelle mich bey meinen Engel ein.
Ach so vergnügt die Freude nach dem Schmertz.
Ein treues Hertz.

Ein treues Hertz muß auch zuletzt erblassen/
Weil meine Noth hier keine Gnad' erreicht:
Nun wohl ich will mein Leben selber hassen/
In dem mein Leib schon einen Schatten gleicht.
Der gröste Ruhm bleibt mir zuletzt dabey/
Ich sterbe treu.

Collection: 
1702

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...

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