1. 1900

  • Der Winter

    [46] DER WINTER

    Der blaue Schnee liegt auf dem ebenen Land,
    Das Winter dehnt. Und die Wegweiser zeigen
    Einander mit der ausgestreckten Hand
    Der Horizonte violettes Schweigen.

    5 Hier treffen sich auf ihrem Weg ins...

    Georg Heym

  • Der Wurstmacher von Duisburg

    [56] Der Wurstmacher von Duisburg.
    (Frei nach Wilhelm Müller: „Der Glockenguß zu Breslau“.)

    War da ein Metzgermeister
    Zu Duisburg in der Stadt,
    Ein ehrenwerter Krauter,...

    Heinrich Kämpchen

  • Der Zahnfleischkranke

    [77] Der Zahnfleischkranke

    Was geht mich der Frühling, was geht mich dein dummes Gesicht,
    Dein Leben an. Aber nur weine nicht.
    Geh, Mädchen! Geh! Geh!
    Mir tun meine Zähne,
    5 Deine Knietschträne...

    Joachim Ringelnatz

  • Der Zaubergarten

    [102] Der Zaubergarten

    Herbstnebel dampft.
    Aber ich stehe in meinem Zaubergarten.

    Auf den mattbesonnten Terrassen
    knien die Schleppenträger des Sommers.
    5 Leichtbewegliche Pagen,
    purpurn, prangend....

    Frida Bettingen

  • Der Zoologe von Berlin

    [132] Der Zoologe von Berlin

    Hört ihr Kinder, wie es jüngst ergangen
    Einem Zoologen in Berlin!
    Plötzlich führt ein Schutzmann ihn gefangen
    Vor den Untersuchungsrichter hin.
    5 Dieser tritt ihm...

    Frank Wedekind

  • Der Zwölf-Elf

    [20] Der Zwölf-Elf

    Der Zwölf-Elf hebt die linke Hand:
    Da schlägt es Mitternacht im Land.

    Es lauscht der Teich mit offnem Mund.
    Ganz leise heult der Schluchtenhund.

    5 Die Dommel reckt sich auf im Rohr.
    Der...

    Christian Morgenstern

  • Der alte Fontane

    [90] Der alte Fontane

    Damals, so in den achtziger Jahren,
    ist man noch nicht mit dem Auto gefahren;
    alles ging seinen ruhigen Schritt,
    und der alte Fontane ging ihn mit.
    5 Ein stilles Antlitz hatten die...

    Kurt Tucholsky

  • Der alte Pojaz spricht

    [23] Der alte Pojaz spricht

    Mein Kind, ich bin schon lange fern der Schminke,
    gern denk ich dran, das war die bunte Zeit!
    Ich gab dem Personal die letzten Winke,
    dann trat ich auf: zwei Meter zwanzig...

    Kurt Tucholsky

  • Der aussätzige König

    [22] DER AUSSÄTZIGE KÖNIG

    Da trat auf seiner Stirn der Aussatz aus
    und stand auf einmal unter seiner Krone,
    als wär er König über allen Graus,
    der in die andern fuhr, die fassungsohne

    5...

    Rainer Maria Rilke

  • Der blinde Knabe

    [39] Der blinde Knabe

    O ihr Tage meiner Kindheit,
    Nun dahin auf immerdar,
    Da die Seele noch in Blindheit,
    Noch voll Licht das Auge war:
    5 Meine Blicke ließ ich schweifen
    Jedem frei ins Angesicht;...

    Frank Wedekind