• 58.

    58.
    Nun weiß ich dies: daß Leben Sterben heißt,
    Den Tod vor Augen langsam zu ihm gehen,
    Bis hoch zum Herz in Sorgenmeeren stehen,
    Tief unter Wolken, die kein Glück zerreißt.

    Nur hell ein Geierpaar, das stetig kreist,
    Nur Raubtiergier vor müden Blicken sehen
    Und Not im Sehnen, Finden und...

  • 59.

    59.
    Im Herbsten gibt es starre Stunden,
    Die schauen mich so wissend an,
    Und meine sieben Herzenswunden
    Sind weit vor ihnen aufgetan.

    Und bluten still und ohne Ende
    Und bluten alle Schmerzen aus
    Und weinen weit ins Land hinaus
    Nach wildem Frühling, der ihr Leiden wende....

  • 5.

    5.
    Giocondo wartet, daß ich Liebe bringe /
    Er geht, vom eignen Werte überzeugt,
    Des Tages Gang und wartet ungebeugt.
    Geschenke bringt er oft: Juwelen, Ringe

    Und Tand, wie er wohl früher Frauen brachte.
    Was soll das meiner Jugend? Er ist alt,
    Die gabenvolle Hand so müd und kalt,
    ...

  • 60.

    60.
    Noch flammt der Garten in so buntem Blühen,
    Als läg er tief in süßem Sommerglück,
    Noch hält die Luft viel schwülen Duft zurück,
    Und Sonnenstunden gibt es noch, die glühen.

    Und doch liegt alles wie in Bann gebettet,
    Als sei die Welt im Schrei der Brunst erstarrt,
    Als habe sie ein...

  • 61.

    61.
    Starr und staubig ziehen rings die Straßen
    Durch die graue, tote Landschaft hin,
    So vergrämt, als ob sie ganz vergaßen,
    Daß ich hier in Glück gewandelt bin.

    Ihre einst so blühend bunten Hecken
    Zürnen nun so drohend dornbewehrt:
    Liebe kann nicht mehr ins Grün verstecken
    Kuß um...

  • 62.

    62.
    Du Wiege meiner Schmerzen,
    Du sollst nun stille stehn,
    Nicht mehr mit andern Herzen
    Im gleichen Takte gehn.

    Du lagst in tiefen Gluten
    Und manchem hohen Rausch /
    Und mußt du drum verbluten,
    So ists ein edler Tausch.

    Laß andre weiter gehen
    ...

  • 63.

    63.
    Nur Stunden noch kann meine Seele wachen
    Und weit in Ferne nach dir suchen gehn,
    Ein letztes Mal die Liebe anzufachen /
    Nur Stunden noch, dann kommt der schwarze Nachen,
    Und steinern kalt wird Dunkel mich umstehn.

    Die Seligkeit, die du mit deinem Leben
    In meine jungen Tage ausgegossen,...

  • 6.

    6.
    Es ist nicht Sitte, daß ein Weib es wage,
    In ein Sonett ihr Fühlen zu ergießen,
    Sie soll sich nur dem Gatten ganz erschließen,
    Nur dieser seis, dem sie die Seele klage.

    Und daß ich doch nun so in Versen sage
    Von Traum und Schauen, die mich ahnen ließen,
    Daß vielfach köstlichere Blumen...

  • 7.

    7.
    Zuweilen geh ich morgens in den Garten,
    Wenn noch der Tau die nackten Füße streift,
    Verschlafne Vögel auf die Sonne warten
    Und alles sacht dem Licht entgegenreift;

    Dann trinken meine nachterfrischten Sinne
    All dieses Gartens keusche Inbrunst ein,
    Und freudig fühle ich, wie ich beginne...

  • 8.

    8.
    Unvergleichliches Entzücken
    Blüht mir auf aus buntem Strauß;
    Welche Freude, ihn zu pflücken,
    Sommerglück ans Herz zu drücken!
    Trag ihn armevoll nach Haus.

    Häufe ihn in schönstem Glase,
    Klargeschliffnem Bergkristall,
    Daß die sprühende Ekstase,
    Satt umrahmt von...