60.

60.
Noch flammt der Garten in so buntem Blühen,
Als läg er tief in süßem Sommerglück,
Noch hält die Luft viel schwülen Duft zurück,
Und Sonnenstunden gibt es noch, die glühen.

Und doch liegt alles wie in Bann gebettet,
Als sei die Welt im Schrei der Brunst erstarrt,
Als habe sie ein Zauberfluch genarrt
Und ihre Lust in Starrkrampf festgekettet.

So schön und schamlos liegt die wilde Dirne,
Die strahlend ihre letzte Gunst verschenkt
Und doch dem Wandrer tief in helle Stirne
Die Falte hoffnungsloser Schwermut senkt.

Collection: 
1912

More from Poet

9.

9.
Durch nächtliche Gassen welch süßes Getön,
Wie zwitschernde Vögel in Träumen,
Wie flüsternde Binsen, wie zartestes Wehn
Von Winden in knospenden Bäumen!

Ich öffne das Fenster und blicke hinaus
Und lausche mit...

8.

8.
Unvergleichliches Entzücken
Blüht mir auf aus buntem Strauß;
Welche Freude, ihn zu pflücken,
Sommerglück ans Herz zu drücken!
Trag ihn armevoll nach Haus.

Häufe ihn in schönstem Glase,
...

7.

7.
Zuweilen geh ich morgens in den Garten,
Wenn noch der Tau die nackten Füße streift,
Verschlafne Vögel auf die Sonne warten
Und alles sacht dem Licht entgegenreift;

Dann trinken meine nachterfrischten Sinne
All...

6.

6.
Es ist nicht Sitte, daß ein Weib es wage,
In ein Sonett ihr Fühlen zu ergießen,
Sie soll sich nur dem Gatten ganz erschließen,
Nur dieser seis, dem sie die Seele klage.

Und daß ich doch nun so in Versen sage
Von...

63.

63.
Nur Stunden noch kann meine Seele wachen
Und weit in Ferne nach dir suchen gehn,
Ein letztes Mal die Liebe anzufachen /
Nur Stunden noch, dann kommt der schwarze Nachen,
Und steinern kalt wird Dunkel mich umstehn.

...