• Das Plätzchen im Walde.

    Du stiller Ort, wo oft mit lieblichem Erröthen
          Die Muse mir den Schleier fallen ließ,
    Und hier, wo dichte Schatten uns umwehten,
          Sich unverhüllt dem Sänger wieß –

    5 Die Nais horchte still dem Echo der Gesänge
          Und hemmte gern des Waldstroms wilden Lauf –
    Ich grüße dich, du süßer Ort, und hänge...

  • Der Arzt.

         Von der Krankheit Glut verzehret
    Lag des Königs einz’ger Sohn.
    Alles, was die Kunst gewähret,
    Ward zur Rettung seines Lebens
    5 Angewandt, doch nur vergebens;
    Allem sprach das Uebel Hohn.
         Und der Vater saß am Bette,
    Sah des Sohnes Leben fliehn:
    O wer ist, der mir ihn rette?
    10 Alle Schätze, alle Gaben,...

  • Der Bach.

    Lieblicher fleußt, o Bach, die stille Lethe
          Durch Elysiens Fluren nicht; es sprudelt
               Heller nicht Blandusiens hochgepries’ne
                    Silberne Quelle.

    5 Banges Entsetzen faßt auch sel’ge Schatten
          Dem Letheischen Strom sich nahend; ach! er
               Beut der Qual des Lebens, doch auch der schönen...

  • Die Gelegenheit.

    Nach dem Ital. des Nic. Macchiavelli.

    Wer bist du, deren Stirn des Himmels Siegel
          Mit mehr als Erdenreiz und Anmuth ziert?
          Du ruhest nie? Wozu am Fuß die Flügel?
    „Gelegenheit werd’ ich genannt, verspürt
    5       Von Wenigen; und dieses stete Wanken
          Kommt von dem Rade, das mein Fuß berührt.
    Mein Flug...

  • V.

    Ich liebe dich und darf es dir nicht sagen,
    Darf's wagen nicht, die Flammen zu bekennen,
    Die tief im Innern meines Herzens brennen,
    Mit stiller Glut an seinem Kerne nagen.

    Ich mögte kühn um dich die Arme schlagen,
    Vor aller Welt mein Eigenthum dich nennen;
    Doch feindlich will des Schicksals Macht uns...

  • VI.

    Ich weiss es wohl, hart ist's, auf fernen Auen
    Verbannt von der Geliebten, einsam leben,
    In nie gestillter Sehnsucht bänglich schweben
    Und keinem Labsal, als im Tod, vertrauen.

    Doch weiss ich eins, das mit noch tieferm Grauen
    Das Herz ergreift, und, wie des Todes Beben,
    Den Busen füllt mit ew'gem...

  • Mein Auge schweift umher, um dich zu finden;
    Dich zu erschau'n, das ist sein einzig Hoffen.
    Und dennoch bebt's, von deinem Blick getroffen,
    Zaghaft zurück und will sich ihm entwinden.

    Ich fühle rasch sich eine Glut entzünden,
    Die mich verzehrt; denn wehrlos sind und offen
    Mir Brust und Herz. So,...

  • Am frühen Morgen ist mein erstes Sinnen:
    Werd' ich wohl heut die Vielgeliebte schauen?
    Und schmeichelnd giebt mir Hoffnung das Vertrauen:
    Du wirst, du wirst den süssen Lohn gewinnen.

    Doch wie die Stunden nach und nach verrinnen,
    Fasst Zweifel mich und Furcht und banges Grauen;
    Am Fluss, im Walde streif...

  • IX.

    Der letzte Glanz ist vom Gebirg' entschwunden;
    Die Sterne sind am Himmel neu geboren,
    Und leise tritt aus ihren dunkeln Thoren
    Die Nacht hervor, geführt von holden Stunden.

    Du träufelst Balsam in des Schmerzens Wunden,
    O sey auch mir zur Trösterinn erkoren!
    Schon wieder ging ein Tag für mich verloren,...

  • X.

    In dunkler Nacht, in einsam stiller Zelle
    Sitz' ich und sinn' ob meinem tiefen Leide.
    Wann bricht sie an, die neue Morgenhelle?
    Wann ruft ein Tag zu längst entwohnter Freude?

    Nein, wende dich hinab, du goldne Quelle
    Des heitern Lichts! Du bist es, die ich meide.
    Du darfst nicht schau'n, was mir den...