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              Das Kind der Sorge.

         Einst saß am murmelnden Strome
    Die Sorge nieder und sann:
    Da bildet’ im Traum der Gedanken
    Ihr Finger ein leimernes Bild.

    5      „Was hast du, sinnende Göttinn?“
    Spricht Zevs, der eben ihr naht.
    „Ein Bild von Thone gebildet,
    Beleb’s, ich bitte dich Gott.“

         „Wohlan! ich will es! –...

  • Das Leichtere und Schwerere.
    Gutes üben ist leicht, und Großes leisten noch leichter,
         Eines ist noth und ist schwer: standhaft das Böse verschmähn.

    Kosegarten.

  • Das Lieblingsörtchen.

         Wohl wölbet sich lieblich am kühligen Bach
    Manch duftend Gewinde zum blühenden Dach;
    Wohl hat sich schon mancher, von Sehnsucht gequält,
    Ein heimliches Plätzchen zum Freunde gewählt;

    5      Doch kennt’ ich sie alle, die Stellen der Ruh,
    Es machte von allen mir keine, wie du,
    Du Dörfchen im stillen bescheidenen Grund...

  • Das Orakel.

    Als Alexander einst zu Ammons Sitze gelangt war,
          Und ihn Jupiter selbst nannte den göttlichen Sohn,
    Fragt’ er den Vater um nichts, als um die Quelle des Nilstroms,
          Fühlete Schicksal und Glück ruhen in eigener Hand.
    5 Auch wir wollen die Götter nur um Geheimnisse fragen;
          Pflicht und Tugend und Glück schrieben sie uns in...

  •  Das Paradies in der Wüste.

         „Mein Freund Antonius, der Vater mir
    Und Lehrer war, mit dem ich Lebenslang
    In weitester Entfernung ungetrennt
    Ein Herz und Seele war; der hundertjährge Greis
    5 (Das saget mir mein Geist,) ist jetzt gestorben.
    Noch Einmal wollt’ ich ihn im Leben sehn!
    Wohlan, ich will die Stäte sehen, wo
    Er lebete und...

  • [22] Das Pferd Friedrich Wilhelms auf der Brücke zu Berlin

    Ihr bleibet vor Verwundrung stehn,
    Und zweifelt doch an meinem Leben?
    Laßt meinen Reiter mir die Ferse geben:
    So...

  • Das Plätzchen im Walde.

    Du stiller Ort, wo oft mit lieblichem Erröthen
          Die Muse mir den Schleier fallen ließ,
    Und hier, wo dichte Schatten uns umwehten,
          Sich unverhüllt dem Sänger wieß –

    5 Die Nais horchte still dem Echo der Gesänge
          Und hemmte gern des Waldstroms wilden Lauf –
    Ich grüße dich, du süßer Ort, und hänge...

  • Das Roß aus dem Berge.
    Eine Böhmische Sage.

          Glänzend anzuschauen sind der Erde
    Mond und Sonne, schönes Gold und Silber.
    Prächtig funkeln sie hervor, und schmücken,
    Und sind köstlich alles zu erkaufen,
    5 Nur nicht Leben und Gesundheit. Mächtig
    Ziehet an ihr Glanz, daß nur der Arme
    Wagt, sie zu entbehren, und der Reiche
    Stets...

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              Das Saitenspiel.

         Was singt in euch, ihr Saiten?
    Was tönt in eurem Schall?
    Bist du es, Klagenreiche
    Geliebte Nachtigall?
    5 Die, als sie meinem Herzen
    Wehklagete so zart,
    Vielleicht im lezten Seufzer.
    Zum Silberlaute ward.

         Was spricht in euch, ihr Saiten?
    10 Was singt in eurem Schall?
    ...

  • Als von des Friedens heil’gen Thalen,
    Wo sich die Liebe Kränze wand,
    Hinüber zu den Göttermahlen
    Des goldnen Alters Zauber schwand,
    5 Als nun des Schicksals eh’rne Rechte,
    Die große Meisterin, die Noth,
    Dem übermächtigen Geschlechte
    Den langen, bittern Kampf gebot:

    Da sprang er aus der Mutter Wiege,
    10 Da fand er sie, die schöne...