Einführung
Sappho wandelt sinnend,
gesenkten Hauptes.
Der Zitronen duftende Wälder schatten.
Zärtlich fällt der Schlaf
um die jungen Schultern
ihrer Gespielen.
Sappho schaut auf.
Über die Lieblichen hin zum
schweigenden Himmel.
I.
"Schlummert, schlummert,
liebliche Kinder!
Samtene Nacht,
verhüll Deine blitzenden Sterne.
Fester umschließt den flüsternden Tau,
Ihr Kelche.
Herz,
jetzt sind wir allein.
Jetzt blende Dich nicht mehr:
"Phaon – Phaon – Phaon -!"
"Eilet Ihr Rufe, -
schwebet – schwebt –!
Ach, Du neigst Dich,
schöner, bräunlicher Knabe,
tränkst am Herzen Melittens
mit süßesten Tränen die Rose.
Wehe!
Ich fühl es.
Zärtliche Hingebung,
schwer ists,
immer und immer Dich meistern.
Hier schützt nicht der Purpur,
der Stirnreif,
der grünende Lorbeer.
Niemand kennt die hingelagerten Schmerzen, -
Niemand - -
Hilf, Aphrodite!"
II.
Ich spreche:
Strömet strenger, Meere.
Laue Lüfte,
sänftigt des Myrtengewölkes
Lockruf!
Oh, entzaubert mir Sappho,
die Fesselduldende!
Leichtbewegliche Rosenwinde
wandert, -
milde Botinnen – wandert
hin zur verödeten Laute.
In der Götter Geschenke
süß ists,
Wohnung zu nehmen.
Oh, entzaubert mir Sappho!
Oder sonst, Fährmann, zimmre, zimmre
den leichtesten Nachen.
III.
Moosbank mit Phaon und Melitten.
Sappho betrachtet sie schweigend.
Morgenkühle.
Heilige Kunst.
Ich diente den Sternen.
Aus der Möwe schimmerndem Flaumschnee
richtete Sappho
sich die Spaliere der Zucht.
Nicht um eines Schmetterlingflügels
seidene Spanne
stieg ich herab.
Hell brannte die Sonne.
Und ein Knabe, -
die Hand eines Knaben …
Sappho,
riß ein Tag,
ein einziger Tag Dir die Flore!
Wer verknüpft Euch,
brennende Schmerzen?
Wer zerteilt Euch?
Wessen Geheiß ists!
Grüble nicht mehr,
stolzgegürtetes Herze,
grüble nicht mehr.
Nur in darbender Seele
wirken die Götter.
IV.
Säulengang, offnes Meer.
Einsam schaukelt die Laute.
Sappho ernst hinschauend über
das Meer.
Sterben, wie wärst Du jetzt lind.
Ein Sprung, -
und die ruhevoll atmende Meeresbläue
schenkte mir Frieden.
Aber das Leben,
die schwebende Schale,
tiefer gebeugt von himmlischen Lasten
wie die der anderen Träger,
- ich fühls -
leer, auf eignes Geheiße,
leer
zu den goldenen Stühlen der Götter heben,
Nein!
Sappho,
einmal kommen auch Dir
die purpurnen Röten,
wo die schweigenden Parzen
den Faden zerschneiden.
Hebt die Laute, betrachtet sie
sinnend.
In Dir wohnt mein Herz.
Schaffende Fernen, - ich fühls -
Über die Täler unnennbarer Schmerzen
reicht Ihr mir wieder
die ewigen Seile.
Goldklare Gewirke
von Sternen zu Sternen.
Zur Laute gewandt.
Komm, Trösterin, komm!
Seele, begnadete Seele,
zögre nicht mehr,
süßeste Demut,
zögre nicht mehr -
Leb Dich an ihnen empor!
Ich schwebe. Ich schwebe.
Oh, heilige Kunst!
Lasten fallt ab!
Die Götter, die frommen
sie rufen!
Ich komme!
- - - - - - - - -
Ich komme!
Zweimal verhauchend.
Immer entrückter steigen die
seligen Klänge hin über das
blaue, ruhevoll atmende Meer.