Einen Tag vergess' ich nimmer,
Einen Tag, voll Licht und Glanz;
Roth umfloß der Abendschimmer
Seinen grünen Frühlingskranz.
Laura trat im weißen Schleier,
Wie das Leuchten eines Strahls,
Sinnend trat sie in die Feier
Meines schönen Ulmenthals.
Töne hört' ich fern verhallen;
Laura sang in das Getön
Grün verhüllter Nachtigallen:
"Schön ist Gottes Erde, schön!"
Und die hellen Blüten schwebten
Taumelnd über sie herab;
Aber ihre Töne bebten
Mir im Herzen auf und ab.
Wie von weicher Luft getragen,
Kam die schöne Wandlerin!
O, sie kam aus Blumentagen,
Ging zu Blumentagen hin!
Solche Heiterkeit, gemildert
Durch den Schleier, floß, wie Licht,
Das den innern Frieden schildert,
Um ihr liebliches Gesicht.
Blicke, welche sie umflogen,
Bienen gleich am Lindenhain,
Wurden lichte Träum', und sogen
Himmelsphantasieen ein.
Dieses Lächeln auf der Wange!
Diese Stirn, voll Frühlingssinn!
Welch Gefühl! ich sah ihr lange,
Lange nach! sie schwand dahin.
Flammen eines Purpurbandes
Schlugen, lieblich hell, hervor
Aus den Falten des Gewandes,
Das im Grase sich verlor,
Und sich, wie ein weißes Wölkchen,
Das die Huldgestalt umfloß,
Kaum berührend, auf ein Völkchen
Nickender Violen goß.
Lüfte, die den Schleier trugen,
Herrschten ruhig durch den Hain;
Nur die Nachtigallen schlugen
In das stille Fest hinein:
Denn hier wandelte die reine,
Schimmernde Gestalt; ihr Blick
Ließ in diesem Feenhaine
Seligkeit und Glanz zurück.
Heller wird der Lenz hier blühen,
Heller blühend einen Pfad
Durch den grünen Tempel ziehen,
Den die Herrliche betrat.
Da, da seh' ich noch sie schweben
Durch das dunkle Grün des Thals,
Wie das schöne, stille Leben
Eines hohen Ideals.
Unvergeßlich sah ich immer
Ihr entschwebendes Gewand,
Bis der letzte, weiße Schimmer,
Wie ein schöner Traum, verschwand!
Und der reiche, unermeßlich
Phantasieenreiche Hain -
Unvergeßlich, unvergeßlich
Wird er meinem Herzen sein. (Band 2 S. 8-11)