Laura starb! o, naht euch sanft, ihr Lenze!
Weiße Blumen streut auf ihre Gruft!
Und, im Lispel der beseelten Kränze,
Schwebe heiliger die Abendluft!
Engel! schmückt die Amaranthenlaube,
Die den neuen Himmelsgast empfing!
Meine Seele wohne bei dem Staube,
Der um Laura's Erdenwandel hing!
Ach! die Erdenwelt kann nicht erstatten,
Was in ihr die Engelwelt verlor!
Aus erloschnen Tagen schweben Schatten
Meiner abendlichen Trauer vor,
Daß ich mich an diese Todten reihe;
Und die Gruft, wo meine Trauer wacht,
Sei der Altar meiner höchsten Weihe,
Sei die dunkle Feier meiner Nacht!
Hochgeheiligt, wie die Schlummerhöhle,
Der die Blum' ihr Todtenopfer weiht,
Und melodisch, wie die Harfenseele,
Lisple dort die Abgeschiedenheit!
Sanfter, stiller wird das Herz dort brechen,
Am zerfallnen Huldigungsaltar:
Da will ich, zur Stille will ich sprechen,
Was sie war, die hohe Laura war.
Ja, sie war mir, was die guten Götter
Dem verlaßnen Erdensohne sind:
Sonnenschein in dunkelm Lebenswetter,
Das aus nächtlich finstern Urnen rinnt.
Sanft war sie, wie Luft vom Blumenhügel
Ihre Huld, wie Duft der Liljenflur,
Und ihr Geist ein unbefleckter Spiegel
Der, durch sie verherrlichten, Natur.
Jede Wahrheit, die sich mir bewährte,
Strahlte schöner mir ihr Geist zurück;
Alles, was ich that und litt, verklärte
Sich in ihrem engelreinen Blick.
Leite dann, o Wehmuth, mich zur Laube,
Welche Laura zärtlich auferzog;
Wo - wie unvergeßlich! - oft ihr Glaube
Der Vergötterung entgegen flog!
Sey mir heilig, kleine, grüne Pforte,
Wo sie mir ein Myrtendenkmal brach,
Und mit weihendem Gefühl die Worte:
"Laß uns selig sein!" - begeistert sprach -
"Selig unter diesen Rosen wohnen!
Ja, es war wohl eines Gottes Ruf,
Der den Frühling und die Rosenkronen
Und den Himmel und die Liebe schuf." -
Gott zu schauen in den Sonnengleisen,
Und im Veilchen, das im Schatten keimt,
Im Orkan, der auffährt, und im leisen,
Holden Lüftchen, das in Liljen träumt:
Diese Wonne flammt' ihr im Gesichte;
Die Natur, zur Priesterin geweiht,
Stand verklärt, im Sommerabendlichte,
Zwischen ihr und Gottes Herrlichkeit.
Da, da neigte sich das Taggetümmel
Zum verstummenden Gefühl hinab.
Hob die Fromme mich empor zum Himmel?
Oder zog den Himmel sie herab?
Nichts vernahm ich von dem wilden Tosen,
Vom Gewühl der fluchbeladnen Zeit;
Ruhe ging, im Schatten ihrer Rosen,
Wie der Liebe stille Seligkeit.
Mußte solche Harmonie verhallen?
Oedes Leben! der bewölkte Mond
Blickt in die zerfallnen Tempelhallen,
Wo ein klagenreiches Echo wohnt.
Jene Luft, die einem Liljenbeete,
Mit dem süßen Raube, sich entschwang,
Und durch ihre Rosenzweige wehte,
Zittert schweigend durch den Laubengang.
Komm und rausche durch die Rosenzweige!
Komm und hauch' in ihren Opferduft,
Daß so schrecklich nicht die Stille schweige,
Einen Seufzer nur, o Abendluft!
Einen Seufzer, gleich dem tiefen Schauer,
Der um Laura's letzte Stunde floß,
Jene Stunde, die mit Nacht und Trauer
Mein verlaßnes Dasein übergoß!
Da schon Dunkelheit ihr Auge deckte,
Als sich los ihr heilig Leben wand,
Ihre Heimath dort schon war - da streckte
Sie zum letzten Mal nach mir die Hand -
Und - ein schönes Dasein war vorüber! -
O, du Thräne, die dem Aug' entschleicht,
Brenne nicht so! dort - von dort herüber
Hat ein Engel mir die Hand gereicht. (Band 2 S. 16-20)