Über Liebe, über Ehe,
Denke wie Du willst und magst;
Doch erzähle davon nicht.
Denn wie ich das übersehe,
Ist doch Irrtum, was Du sagst,
Ist doch Irrtum, was man spricht.
Was man sieht aus grosser Nähe,
Was Du tust, und was Du wagst,
Zeigt ein wechselndes Gesicht.
Alles strömt, nichts ist zu halten,
Wo Gefühl und Leidenschaft,
Auf und nieder schwankend gehn.
Sich erhitzen, und erkalten,
Sind wir frei bald, bald in Haft.
In dem fließenden Geschehn,
Wird doch das, was wir gestalten,
Was wir tun, was wir geschafft,
Untergehen und verwehn.
Alles treibt und wird getrieben,
Gleitet, strömt, man merkt es kaum,
Füge schweigend Dich hinein.
Was wir sind, was uns geblieben,
Und was echt war, oder Schaum,
Sehen wir sehr spät erst ein.
Wenn wir wissen, dass wir lieben,
Zarte Tönung, schöner Traum,
Soll man still und glücklich sein.
Aus: Tag- und Nachtgedichte von Lessie Sachs
Ausgewählt und eingeleitet von Heinrich Mann
New York City 1944
Printed in U.S.A. Zeidler Press (Josef Wagner)