Frühling der Liebe

Mein ausgeruhter Geist/ und die befreyte Sinnen/
Die durch das Schlaffen sich ins Laberynth versteckt/
Begunten noch die Lust an Träumen zu gewinnen/
Als auch Aurora schon die Glieder ausgestreckt.
Ihr Gold-entflammter Leib schien alle Ruh zu hassen/
Weil diese Süssigkeit ihr Titons Alter kränckt.
Sie schiene meine Brust so brünstig zu umfassen/
Als ob ihr Lieb und Glück den Cephalus geschenckt.
Doch weil Rubinen nicht in Bley wie Golde prangen/
So ward ihr Purpur Strahl beschämt von mir geküsst.
Ich dachte Phoebus wird dich heute nicht umfangen/
Weil/ der Auroren liebt/ sein Nebenbuhler ist.
Doch Eifersucht muß offt zu List und Klugheit werden:
Drum hüllte seinen Zorn ein frohes Angesicht.
Er blitzt und rennete mit seinen Feuer Pferden/
Und zog mich durch den Glantz zu einen andern Licht.
Sein Strahl war ein Magnet/ der mich ins Grüne zwunge/
Allwo sein Diamant sich zu Schmaragden legt/
Und wo der kühle West durch frische Rosen drunge/
Ja wo nur die Natur die schönste Wohnung hegt
Hier legt' ich meinen Leib auff Samt und Seide nieder/
Jedoch die Seele lag auff einen Marter Stein:
Die Seufftzer waren erst die stummen Klage-Lieder/
Doch endlich flösste sich der Schmertz den Worten ein:
Soll mich die braune Nacht mehr als der Tag beglücken/
Und lacht mich ihre Gunst nur in Gedancken an?
Ach das mein Auge doch die Sonne möcht erblicken/
Die meine Seele nur in Trauer sehen kan.
Was aber nützt ein Schatz der noch vergraben lieget?
Und was die schönste Perl/ die noch die Muschel hält?
Nichts als wenn unser Wunsch in tauber Lufft zerflieget/
Das sich der Sehnsucht auch die Marter zugesellt.
Man darff den Purpur wohl mit Schnecken Blut begiessen.
Die Rosen macht kein Kuß doch wohl der Abend bleich.
Der Brüste Schnee kan nicht bey Liebes-Gluht zerfliessen/
Der Jahre kalter Schnee ist hier der Flammen gleich.
Die Liljen bricht die Zeit/ die Amors Hände bauen.
Der Blumen-Stock verdirbt/ der nie begossen ist.
Doch soll ihr Paradieß sich lieber öde schauen/
Als daß es meine Lust und seine Wohlfahrt küst.
So wil sie Fleisch und Blut in eigne Fässel schlagen/
Und hasset die Natur/ die sie am meisten liebt.
Ihr Auge redet viel/ und wehret doch zu sagen/
Wie ihrer Zauber-Sprach ein Hertze beyfall giebt.
Sie pflantzet selbst den Trieb/ und hat sich ihm entrissen/
Sie zwinget mich zur Gluth/ und bleibet Schnee und Eiß.
Muß Heclens Schooß von Brand/ von oben Kälte wissen/
So bleibt ihr Hertze kalt/ und das Gesichte heiß.
Die Lippen wolten noch von mehren Klagen brechen/
Da sie was Rauschendes durch Graß und Bäume schloß.
Die Augen konten kaum die Ursach zu mir sprechen/
Als das erhitzte Blut mir in die Adern floß.
Ich sahe durch den Raum der auffgewehten Bäume
Der heissen Seufftzer Ziel die Dulcimene gehn.
Die Sonne/ die ich erst in Schatten meiner Träume/
Und nun bey hellen Strahl der Sinnen konte sehn.
Die Sonne/ welche noch von einen Stern begleitet/
Weil ihr Amalia zur Schlancken Seiten war/
Die Freundin/ die sie mehr/ als Gold und Perlen leidet/
Denn was sie selber weiß/ ist dieser Sonnen klar.
Die Liebe führte nun die Engel gleiche schönen/
Dadurch ein Rosen-Thal zum Paradiese wird/
Und durch Vertraulichkeit sie einsam zu bekrönen.
Allein sie hatten sich/ so wie ich mich verirrt.
Ich deckte mich vor sie mit dick belaubten Sträuchen/
Und lauschte wie Vulcan/ wenn Mars die Venus küst.
Und sprach die Eyffersucht: Verhaste Freundschaffts-Zeichen!
Da Dulcimene dir nicht gleich gewogen ist.
Indem so nahten sich die gleich gesinnten Hertzen/
Und nahmen ihr Gespräch mehr als die Schritt' in acht.
Der Minen freyen Trieb und das vertraute Schertzen
Hat mir der kühle Mund des Zephirs hinterbracht.
Ich hörte meine Treu als ungereimt verlachen/
Und Dulcimene sprach/ in Eise sey kein Brand:
Sie wäre noch zu jung zu reiffen liebes Sachen/
Ja lieben sey ihr wohl/ doch nicht die Krafft bekandt.
Wie? sprach Amalia/ zur schönen Dulcimenen/
Was wilst du deinen Leib der Liebe mehr entziehn?
Pflegt ihn nicht die Natur mit Myrthen zu bekrönnen?
Und muß dein liebes Baum nicht in den Frühling blühn?
Ich hab' ihn neulich zwar in kahlen Mertz gesehen/
Da erst der feuchte Safft zu Liebes Stöckel floß.
Doch deiner Jahre Lentz muß nun belaubet stehen/
Ich weiß der bundte May begrünet deine Schooß.
Aurora ist noch nie so gläntzend aufgegangen/
Als Dulcimenens Blut auf reine Liljen kan.
Die freye Redens-Art beschämte Brust und Wangen/
Die Röthe zeigte hier der Keuschheit Bildniß an.
Doch die Vertraulichkeit und meinen Brand zu mehren/
So striche dieses Paar das blöde Wesen hin.
Ich/ sprach Amalia/ kan durch mich selber lehren/
Daß ich nach kurtzer Zeit sehr wohl Versehen bin.
Drum laß mich/ Schwesterchen/ nur deinen Garten sehen/
Weil uns das Schatten Werck der Einsamkeit bedeckt.
Die Augen sollen stets auf scharffer Wache stehen/
Daß uns kein fremder Blick nicht Furcht und Scham erweckt.
Diß Wort war als ein Wind/ der in die Flammen bliesse/
Ich brandt' und war ein Luchs der ins Verborgne sieht.
Biß Dulcimenens Arm die süsse Wohnung wiese/
Worein der Crypripor mit steiffen Bogen zieht.
Ach! rieff Amalia/ was schöne Wunderwercke?
Wie ist dein Freuden-Thal so herrlich ausgeziert!
Hier weisset die Natur/ wie durch geheime Stärcke
Ein Liljen gleicher Strick die Dienstbarkeit gebührt.
Wie soll die Liebe denn die Gräntzen nicht berühren/
Da die bekrönte Schooß sie selbst zum Lust-Wald trägt?
Die Berenice muß der Haare Schmuck verliehren/
Wo Venus krauses Haar sich in die Locken legt.
Welch' Auge kan so schön die Käyser Cron erblicken?
Setzt hier nicht die Granat dergleichen Zierath drauf?
Der Purpur Apffel weiß sich besser nicht zu schmücken/
Und weil er rieff genug/ so springt er selber auff.
Will Flora Monatlich nun bundte Blumen bringen/
Und siehet Moscau dich mit seinen Zobeln an/
So laß den Hymen auch in dein Gezelte springen
Und steige durch das Bett auff deine Rosen Bahn.
Hier brache meine Gluth der vorgeglimten Kohlen
Aus Augen/ Hertz und Mund in volle Flammen loß.
Ich hatte durch den Busch mich heimlich weg gestohlen
Und eilte nun mit Macht zur auffgedeckten Schooß.
Kein schneller Blitz fährt nicht so hefftig durch die Eichen/
Als Dulcimenens Blut durch Brust und Wangen fuhr.
Die andre wolte gar vor Scham und Grimm erbleichen/
Und hüllte mir zum Trotz die offne Liebes-Spuhr.
Allein ich warffe mich vor sie zur Erden nieder/
Hielt den bestürtzen Fuß von seinen fliehen ab.
Ich schwure bey der Pracht der auffgesteckte Glieder/
Bey ihren Nelcken-Schoß und meiner Freyheit Grab/
Daß Titan alle Schuld deswegen beyzumessen/
Der mich durch seinen Strahl in diesen Busch gebracht.
Ich sprach/ welch Auge hat den Zügel nicht vergessen/
Wenn uns der grösste Schatz der Schönheit angelacht.
Verdammter/ laß mich gehn (brach ihr der Zorn die rippen)
Dein Basilißken Blick ist meiner Ehr ein Gifft
Dein Unbedachtsahm Schiff zerscheitert an den Klippen.
Ach das nicht mich und dich der Untergang betrifft!
Ach daß du vor der Zeit - - hier band der Schmertz die Zunge/
Die Thränen redeten mich desto schärffer an:
Ihr Saltz war als ein Blitz/ der durch die Seele drunge
Biß Furcht und Schrecken mich dem Tode hiessen nahn.
Ich weiß nicht/ welche Macht mir Geist und Leben nahme/
Doch dieses weiß ich wohl/ daß ich von nichts gewust.
Und da ich wiederum recht zu mir selber kame/
Lag ich Amalien an ihrer holden Brust.
Ihr Beyleid sahe mir auf die noch blasse Wangen/
Und ruffte/ dieser Freund ist der Erbarmung wehrt.
Was denckst du Schwesterchen/ mit ihm wohl anzufangen/
Gib Dulcimene gib/ was seine Treu begehrt.
Die Liebe hat ihn selbst zu deiner Gunst bestimmet/
Denn den verschlossnen Ort schliesst sie ihm selber auff/
Er kennt den Opffer Herd/ da Venus Weyrauch glimmet/
Drum brenn' ihn nur zur Straff/ und wirff ihm selber drauf.
Hat ihn dort jener Busch vor unsrer Scham verborgen/
So macht dein Lorber-Strauch ihn Zorn und Blitzen frey.
Aurora schencket ihm den angenehmsten Morgen/
Drüm Zeige/ daß ihm auch die Sonne günstig sey.
Ich bahte sie zugleich durch tausend schmeichel Worte/
Und die Vernunfft gab ihr die schöne Regul ein:
Was sperst du ihm wohl mehr die vorerblickte Pforte/
Die Augen müssen ja des Leibes Führer seyn.
So wuste Zeit und Glück mich doppelt zu vergnügen/
Die Marter konnte nun zum schönsten Grabe gehn.
So muste mich mit Recht die Liebe lassen siegen/
Weil ich die Palmen schon auff ihren Schooß gesehn.

Collection: 
1702

More from Poet

  • Der Schönheit Meisterstück/ verliebter Eigensinn
    Sucht' ihren Uberdruß im Schlaffe zu versüssen/
    Sie striche Quaal und Schmertz des treuen Damons hin/
    Um lieber gar den Tod als seinen Mund zu küssen.
    Die Sinnen schlossen sich mit ihren Augen...

  • Wilst du nun galantes Kind!
    Diesen schönen Ort verlassen?
    Und die dir ergeben sind/
    Sollen ihn deswegen hassen?
    Denn man liebet nur die Auen/
    Wo der Blumen-Zierath steht/
    Wer wil sich vergnüget schauen/
    ...

  • Bewundere dich nicht/ du Schöne/ - - -
    Daß eine frembde Hand dir was bekantes schreibet/
    Und daß ich auch ein Knecht der süssen Herrschafft bin/
    Die dein beliebter Mund mit lauter Hertzen treibet.
    Der Stimme Lieblichkeit bezaubert meinen...

  • Ach ungemeine Lust recht treu-gesinnter Seelen/
    Weil ihr Vergnügen bloß in reiner Liebe ruht!
    Wo weder Zeit noch Glück durch die Entfernung qvälen/
    Weil Schertz und Gegenwart stets schön im Geiste thut.
    Ach aber bittrer Schmertz! dem Gall...

  • Beliebtes Lindenfeld! ich soll dir dienstbar seyn/
    Dieweil dir meine Brust so manchen Seufftzer schencket/
    Du fällst mir schöner Ort/ vor allen andern ein/
    So offt nur mein Gemüth an was galantes dencket.
    Doch dieses alles ist nur der...