Bricht Lesbia den Brief durch ihre schönen Hände/
So bricht sie auch dabey des Hertzens-Siegel auf;
Daß ist: Daß ich zugleich ihr tausend Küsse sende;
Jedoch ich legte sie ihr lieber selber drauf.
Worauf? Auf ihre Brust? Ach ja/ und auf die Lippen/
Wo der Gedancken Schiff gantz sicher Landen kan;
Und scheitert es zuletzt an ihren Marmor Klippen/
So schau' ich doch Vergnügt den schönen Schiffbruch an.
Ich falle von der Höh' in Amors tieffe Wellen.
Ach zürne/ schönste nicht/ wenn ich zu weit will gehn/
Nur zürne/ wenn ichs nicht nach würden vor kan stellen/
Daß ich es nicht zu vor durch deine Gunst gesehn.
Denn deine Gütigkeit gleicht sich den Rosen-Sträuchen/
Die mir die Schmeicheley von oben schön verspricht:
Doch will ich auf den Grund und nach den Stiele reichen/
So heist es: Freund zurück/ weil Dorn und Nadel sticht.
Ach Nadel! Daß ich mich nur könte wieder rächen/
So offt mein treues Blut durch deinen Stich zerfließt!
Und das man Lesbien das Urtheil möchte sprechen:
Der lasse wider Blut/ der reines Blut vergießt.
Verwundre dich nur nicht/ daß ich diß kan begehren/
Noch mehr/ ich wolte dir die Straffe selber thun/
Denn Rache/ die sich kan so wol Vergnügt gewehren/
Läßt den entzückten Leib auf Sammt und Seide ruhn.
Du hast mir Qvaal genug und Schmertzen zugefüget/
Wenn ich um deinen Schatz vergebens seufftzen muß.
Dein Reichthum macht mich arm/ weil er vergraben lieget/
Und mangel plaget mich bey deinen Uberfluß.
Ich seh' an deinen Baum die schönsten Apffel hangen/
Und muß wie Tantalus darnach vergebens sehn/
Der Nectar ströhmet recht durch deine Purpur Wangen/
Und meine Seele muß dabey vor Durst vergehn.
Ach strenge Lesbia! stellt mich nur das Gelücke
Nur noch einmahl zu den/ was deine Brust erhöht/
So beiß ich dir gewiß vor Grimm davon zwey Stücke/
Weil meine Unruh doch hier niemahls Stille steht.
Doch/ edle Freundin nein/ das angenehme Beben/
Das Venus stoltzes Schloß durch heisse Gluth bewegt/
Ist zwar der Ruhe Tod/ doch auch mein neues Leben/
Weil sich das Blut dadurch in allen Adern regt.
Drum werd ich ja daran nicht selbst mein Hencker werden/
Nein/ schönste Lesbia/ mein Vorsatz sey verbannt:
Und stehet itzt mein Fuß auf dornen fremder Erden
So ruffe mich zu dir in das gelobte Land.
Dein Willen ist mein Thun/ drum schreib' ob ich soll kommen/
Ich weiß das mich dein Aug' in wenig Tagen schaut.
Und zwar so hab' ich nichts an Gütern abgenommen/
Die deiner Augen-Strahl dem Hertzen an vertraut.
Nein/ nein/ mein Reichthum kan dir noch die Rente zahlen/
Ach daß die Lippen nur das Zahlbret möchten seyn/
Und daß ich auf der Brust die Rechnung dürffte mahlen/
So schrieb' ich Lebenslang mich in dein Schuld-Buch ein.
Drum schreib'/ ich will mich gleich zu deinen Füssen legen:
Doch fürchtest du vielleicht die Alabaster Brust/
Und daß die Drohung ihr wol Schaden möcht' erregen/
So sey das Mittel dir vor meinen Biß bewust.
Denn wird der Liebe Macht mich endlich überwinden/
Und nun mein Hunger starck nach deinen Fleische seyn/
So must du meinen Mund an deine Lippen binden/
Mich aber schliesse gar in deinen Kercker ein.
An Lesbien
More from Poet
-
Der Schönheit Meisterstück/ verliebter Eigensinn
Sucht' ihren Uberdruß im Schlaffe zu versüssen/
Sie striche Quaal und Schmertz des treuen Damons hin/
Um lieber gar den Tod als seinen Mund zu küssen.
Die Sinnen schlossen sich mit ihren Augen... -
Wilst du nun galantes Kind!
Diesen schönen Ort verlassen?
Und die dir ergeben sind/
Sollen ihn deswegen hassen?
Denn man liebet nur die Auen/
Wo der Blumen-Zierath steht/
Wer wil sich vergnüget schauen/
... -
Bewundere dich nicht/ du Schöne/ - - -
Daß eine frembde Hand dir was bekantes schreibet/
Und daß ich auch ein Knecht der süssen Herrschafft bin/
Die dein beliebter Mund mit lauter Hertzen treibet.
Der Stimme Lieblichkeit bezaubert meinen... -
Ach ungemeine Lust recht treu-gesinnter Seelen/
Weil ihr Vergnügen bloß in reiner Liebe ruht!
Wo weder Zeit noch Glück durch die Entfernung qvälen/
Weil Schertz und Gegenwart stets schön im Geiste thut.
Ach aber bittrer Schmertz! dem Gall... -
Beliebtes Lindenfeld! ich soll dir dienstbar seyn/
Dieweil dir meine Brust so manchen Seufftzer schencket/
Du fällst mir schöner Ort/ vor allen andern ein/
So offt nur mein Gemüth an was galantes dencket.
Doch dieses alles ist nur der...