Er ist unglückselig

Annehmlichste der Zeit! Wie lange hat mein Hertze
Aus Ehrerbietung dich mit Seufftzern nur verehrt?
Wie lange brennet nun der Augen Liebes-Kertze/
Eh' auch der Flammen Brand aus meinen Munde fährt?
Doch endlich muß das Hertz aus tausend Schmertzen sprechen/
Und den Granaten gleich durch viele Kernen brechen.

Ich hätte meine Qvaal mit Aschen zugedecket/
Mein klagen käme nun zu deinen Ohren nicht/
Wenn deine Lieblichkeit nicht meine Glut erwecket/
Daß sie mit voller Macht nun in die Flammen bricht.
Ein Hertz und Aetna muß offt stilles Feuer hegen/
Nur daß sich einst die Wuth soll desto mehr erregen.

Ich brenne/ schönstes Kind/ jedoch in keuschen Flammen/
In Flammen deren Ruß den edlen Ruhm nicht schwärtzt:
Durch Feuer/ das allein muß von dem Himmel stammen/
Womit der Sternen Gluth in reinen Wesen schertzt.
In deinen Tugenden und sittsamsten Geberden
Muß mein getreues Hertz zum Opffer Heerde werden.

Die Gratien/ so dir um deine Lippen schweben/
Und die Holdseeligkeit damit dein Auge strahlt/
Weiß kein beredter Mund genugsam zu erheben/
Kein Pinsel ist/ der dich nach deiner Würde mahlt;
Doch muß nun alle Kunst bey deiner Pracht verschwinden/
So schau in meine Brust/ du wirst dein Bildniß finden.

Hier hat die Ewigkeit ihm den Altar geweihet/
Und deine Schönheit giest stets Oehl in meinen Brand.
Was aber hilfft ein Schatz/ den uns ein Traum verleihet?
Was sehn ich mich umsonst nach den gelobten Land?
Ach meiner Hoffnung Schiff schwebt auf erzürnten Wellen/
Die meines Glückes Höh' in bauen wieder fällen!

Mein schöner Freuden Stern scheint mir zwar viele Stunden/
Und würde mir vielleicht ein Licht zum Haffen seyn/
Wenn nur mein Ungelück nicht Wolcken hätt erfunden/
Die meinen Liebeskahn stets Sturm und Wetter dräun.
Such ich nun überall die Klagen auszubreiten
Rufft mein Verhängniß doch nichts als Unmöglichkeiten.

Ach Himmel! Hast du mich zu dieser Gluth bestimmet/
Warum blitzt denn dein Grimm auf ihr Verboth so scharff?
Wer sieht den heissen Brand/ der in der Asche glimmet?
Wer leschet/ wenn man nicht recht Feuer ruffen darff?
Du läst dein Paradieß mir nur zum Schmertzen sehen/
Weil du den Weg nicht zeigst/ vergnügt hinein zu gehen.

Warum verschwendest du den Uberfluß von Schätzen
Die mich nur hier allein zu den Magnete ziehn?
Kan die Annehmlichkeit mich sonsten nicht ergetzen/
Kan nirgends wo so schön der Anmuth Rose blühn?
Ja wilst du einen Knecht so kostbar nicht vergnügen/
Warum darff seine Brust kein fremder Strahl besiegen?

So klag' ich/ schönste/ stets/ wenn dein beliebtes Wesen
Mir zwar die Dienstbarkeit/ doch keine Rettung giebt;
Allein soll ich vielleicht aus deinen Augen lesen/
Warum mich ein Comet vor Sonnen-Glantz betrübt?
Nein/ lasse meinen Geist die Gnade nur vergnügen:
Das Schicksal müsse dich an Kräfften überwiegen.

Vergönne mir demnach das Pflaster meiner Wunden/
Das/ wenn zu heilen nicht/ sich doch zu lindern schickt.
So Nacht als Schmertzen sind schon mehr als halb verschwunden/
Wer/ wie den Morgenstern/ ein Beyleid nur erblickt.
Darff Lust und Sonne mich nicht öffentlich bestrahlen/
Kan Nacht und stille Gunst mich doch mit Sternen mahlen.

Ach! Schönste laß die Noth dein Hertze doch erweichen/
Und sehe meine Qvaal mit zarter Wehmuth an:
Kein kluger Argus weiß Gedancken zu erreichen/
Kein scharffer Luchs sieht mehr als hier ein Maul-Wurff kan/
So kanst du mir den Trost ja in dein Hertze setzen:
Sein Unglück heisset ihn Erbarmungs würdig schätzen.

Erwege meinen Stand und deine Seltenheiten/
Und denck' ein Engel muß geneigt wie schöne seyn.
Ein Sclave leidet zwar des Schicksals Grausamkeiten/
Doch keine Ketten sind so schwer als meine Pein:
Die ärgste Marter hat der Himmel so verschrieben:
Auf ewig ohne Gunst und sonder Hoffnung lieben.

Collection: 
1702

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