Vorüber jagen in eiliger Hast
Die brausenden Fluten dahin ohne Rast;
Was goldig mit Glanz unsre Träume verklärt,
Was unsre Herzen mit Sorge beschwert, -
Vorüber!
Wie leuchtend der Ruhm auch, wie strahlend ein Glück,
Wie göttlich der Schönheit bezaubernder Blick;
Der Quell süßer Lieder von hinnen gerauscht,
Verweht alle Küsse, so selig getauscht, -
Vorüber!
Der Frühlingsduft schwindet, die Rose verblaßt,
Die Vöglein verstummen auf schwankendem Ast,
Und was unsre Seelen in Fesseln schlug,
Und was uns begeistert nach oben trug, -
Vorüber!
Dahin flieh'n die Stunden voll Freude und Lust,
Vorbei, was mit Centnerlast drückte die Brust,
Ein Treiben und Drängen, vom Wirbel erfaßt,
Ein Haschen nach Reichtum, ergeizt und erpraßt, -
Vorüber!
Und Du, der an Menschenwert fest noch geglaubt,
Wie war Dir die Zuversicht frevelnd geraubt!
Das Leben verrinnt; - in Vergessenheit sinkt,
Was heute allmächtig das Weltall bezwingt, -
Vorüber!
aus: Deutsche Dichterin[n]en und Schriftstelerin[n]en
in Wort und Bild
Herausgegeben von Heinrich Groß
II. Band Berlin 1885