An Madem. Schmidin

Ach zürne/ Schönste nicht/ das Feder und Papier
Nicht so geflügelt sind wie meine treue Sinnen/
Denn der Gedancken Post geht Augenblicks zu dir/
Nur Brieffe können nicht so bald das Glück gewinnen.
Zwar Venus biethet mir die flüchtgen Schwanen an/
Viel eher mit der Schrifft zu deiner Hand zu springen/
Wenn nur ihr kleiner Sohn der Reuter werden kan/
Und dir Cupido darff die Zeilen überbringen.
Sein Postgeld aber soll in Hertzen nur besteh'n/
Du weist/ der kleine Dieb hält nichts von Gold und Schätzen/
Er will den Bienen gleich zu Liebes-Rosen geh'n/
Und träget ab und zu/ nur andre zu ergetzen.
Drum gieng er neulich auch mit meinen Hertzen fort/
So zur Bequemlichkeit er gar in Brieff geleget.
Allein wie hat dir denn so gleich das erste Wort/
Das von dem Hertzen sprach auch einen Zorn erreget?
Cupido muß betrübt und leer zurücke gehn/
Und klaget: ihre Gunst will sich nicht weit erstrecken/
Bey einer Freundin muß ich nur in Furchten stehn/
Ihr finstres Auge kan mich als ein Popantz schrecken.
Drum mag' ich auch nicht mehr in deinen Diensten seyn
Sie schicket ja durch mich die Antwort nicht zurücke:
Und stell' ich mich bey dir nun ohne Hertzen ein
So krieg ich zum Verdruß noch lauter finstre Blicke.
Denn floh er wiederum zu seiner Mutter hin/
Und liesse mich dadurch die beste Post verliehren.
Ach Freundin! daß ich nun im Schreiben langsam bin/
Ist/ weil ich wie ich will/ nicht darff die Feder führen.
Denn Worte gleiten nicht/ die nicht die Seele schreibt/
An einer Sylbe wird ein gantzer Tag verschwendet/
Und wo der freye Geist nicht in den Schrancken bleibt/
Da wird die edle Zeit vergebens angewendet.
Reitzt mich die Freundin nun zu keiner Antwort nicht/
So muß die Liebste mir die frohen Hände führen.
Mein Siegel fliesset nur durch deiner Augen-Licht/
Und Amor will mein Blut allein zur Dinte rühren.
Drüm tauchet sich der Kiel anitzt in meine Brust/
Und schreibet: Lieben ist - - doch halt Verwegner innen/
Daß du den Frevel nicht zu theuer büssen must/
Und ihre Freundschafft nicht durch Liebe darff zerinnen.
Beglücket ihre Gunst dich nicht schon ungemein?
Denn nur die Schmidin sehn/ heist ja die Schönste kennen.
Wie kanst du nicht vergnügt bey einer Freundin seyn
Die man nicht anders kan/ als unvergleichlich nennen?
Nun ja/ ich schreibe denn: Dein angenehmer Brieff
Hat neulich deinen Freund in seiner Seel ergetzet;
Weil/ da er kaum beglückt in meine Hände lieff/
Er/ Edle Freundin dich auch neben mir gesetzet.
Die Lippen küßten ihn/ und die Gedancken dich.
Ach welche Lust kan nicht der Sinnen Krafft erwecken!
Ein Wahn hat offtermahls die beste Kost in sich/
Und Engel können auch in Schatten sich verstecken.
Ich letzte mich demnach an deiner Lippen Kost/
Die an der Röthe sich dem Schnecken Blut vergleichen/
Und an der Lieblichkeit dem Muscateller Most/
Dadurch sie einen Rausch der Seelen überreichen.
Denn küst' ich deine Brust. Ach/ schönste nimm geneigt/
Wenn mein erhitzter Geist noch weiter denckt zu wandern:
Dein Nectar-Thau hat mir die Trunckenheit erzeigt/
Ein Trunckner taumelt ja von einem Ort zum andern.
Ich lase deinen Brieff nach diesen also fort:
Mein Freund/ was wilst du mich die Allerliebste heissen/
Ach ich verdien' es nicht/ es ist ein Schmeichel-Wort/
Damit du artger Freund dich kanst gefällig weisen:
Was ich bey dir gethan/ sind Wercke meiner Schuld/
Wie kan denn meine Pflicht so viel Verpflichtung kriegen?
Gib einer Würdigern die Zeichen deiner Huld/
Ich wil mich gern an dir als Freundin noch vergnügen.
Ach! dieses ist ein Pfeil/ der ungezielet trifft;
Denn wo die Höfflichkeit bey Schönen wird verschwendet/
So saugt man nach und nach ein wohl candirtes Gifft/
Das Zucker süsse schmeckt/ und doch die Freyheit endet.
Erst bauen wir entzückt ein Schloß in Schatten auff/
Da soll kein Mensch hinnein als unsre Freundin kommen;
Doch scheinet die Vernunfft mit klarer Sonne drauff/
So hat die Liebe da die Residentz genommen.
Drüm ward ich auch zuerst durch Freudigkeit bethört/
Es schien' ihr Strahl allein durch Freundschafft anzubrennen;
Doch da das Feuer mich mit Lust und Schmertzen nehrt/
So kan ich auch den Brand nach seinen Ursprung nennen.
Ich schreibe: Lieben ist - - Ach Schönste laß den Kiel
Und seinen freyen Lauff des Hertzens Meynung sagen.
Die Freundschafft rennet erst zum angenehmsten Ziel/
Wenn ihr die Liebe weiß von Fusse nach zu jagen.
Und wie? schliest meine Brust nur Stahl und Eisen ein?
Und soll der Adern Blut bey einer Sonne frieren/
Dagegen Felsen auch wie leichter Zunder seyn/
Und Titan seine Krafft an Strahlen muß verliehren?
Der Menschen Lieblichkeit kan Menschen an sich ziehn/
Wo aber die Gestalt aus Engeln weiß zu lachen/
Kan unser Hertze wohl vor ihren Flammen flieh'n?
Nein/ dieses hiesse sich zu einen Unmensch machen.
Drum schreib ich! Lieben ist der Führer meiner Hand/
Das Feuer keuscher Glut/ das Uhrwerck meiner Sinnen/
Der stiffter meiner Noth/ und meiner Freuden Brand
Wenn Leipzig einen Blick im Geiste kan gewinnen.
Dein Blick ist mir entfernt ein Stern und Freuden Licht/
Wenn ihn nur deine Gunst im Briefe so will mahlen/
Daß aus den Wörtern Glut/ wie aus den Wolcken bricht/
Zu zeigen/ daß hierdurch die Sonne müsse Strahlen.
Zwar theurer Perlen Schmuck umfasset nur das Gold/
Und meine Niedrigkeit sucht sich zu hoch zu schwingen.
Doch wer die Tugend liebt/ ist auch der Demuth hold/
Und tieffer Klee kan nicht der Sonnen Flecken bringen.
Zu dem so setz' ich auch den Gräntzstein meiner Lust;
Denn bin ich zu gering mich dir in Schooß zu setzen/
So setze mich doch nur in deine schöne Brust/
Denn auch der Vorhoff kan von Paradiesse letzen.
Nun/ schönste/ mein Gelück besteht in deiner Gunst/
Die mein Verhängnüß weiß erträglicher zu machen.
Umhüllet mich anitzt der trauer Nächte Dunst.
So kanst du Sonne/ doch mir Freuden-Tag[e] machen.
Mich kräncket der Verlust der ungetreuen nicht/
Wenn mich vor Läffel-Kraut nur keusche Liljen zieren.
Das muß ein Narre seyn/ der solche Rosen bricht/
Die alle Käffer fast mit ihren Koth beschmieren.
Nein/ will mein Leit-Stern nur die edle Schmidin seyn/
So kan kein Irlicht mehr mein falscher Führer heissen:
Und stellet sich dein Brieff bald wieder bey mir ein/
So wird vielleicht dein Knecht in kurtzen zu dir reisen.
Indessen gönne mir die süsse Dienstbarkeit/
Die mir dein schöner Arm nach Wunsche läst erkennen.
Ich fordere mit Recht so viel Gewogenheit/
Weil meine Banden dich die schöne Schmidin nennen.

Collection: 
1702

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