Ida

Sieh, der Mond ist heimgegangen:
Nur ein leiser Schimmer bleibt,
Und mich dränget das Verlangen,
Das mich zu den Linden treibt.

Bei den zwei vertrauten Linden,
An dem Wieseneingang dort,
Soll ich meinen Likas finden;
Lieb' und Treusinn halten Wort.

Knarre nicht, du kleine Pforte!
Abendluft begleite still
Mich zu dem geliebten Orte,
Wo er mich erwarten will!

Werd' ich ihm auch so gefallen?
Meine Locken sollen glatt
Von der Stirn herniederwallen,
Wie er sie geflochten hat.

Ach! wie quält die Langeweile!
Horch! - das ist sein Flötenton!
Eile, frohes Mädchen, eile!
Der Geliebte wartet schon.

Und ich kann ihm mit Vertrauen,
Und mit liebefrohem Muth
In die klaren Augen schauen:
O, mein Freund ist fromm und gut!

Rosen nehm' ich mit und Beeren:
So will ich von dannen ziehn!
Dieses Körbchen soll er leeren;
Mit den Rosen kränz' ich ihn. (Band 3 S. 13-14)

Collection: 
1841

More from Poet

  • Ein Wetter raset durch das Dunkel
    Der Nacht, die donnernd wiederhallt;
    Vom Himmel blickt kein Sterngefunkel,
    Und Regensturm zerreißt den Wald.

    Ein jedes Leben ruht geborgen,
    Und bang' verkriecht sich jeder Wurm;
    Nur...

  • Der Frühling war gekommen; leise Lüfte
    Vom Mittaglande streiften warm herein,
    Und schlugen weckend an die kleinen Grüfte
    Der Blumen in dem frühen Hain.

    Schon ward es laut an Hügeln und in Thalen;
    Da stickte sich ihr Festgewand...

  • Einst umsprangen mich geliebte Quellen,
    Als ich durch das Blumenleben ging,
    Das mit seinem Frühling um die Stellen,
    Um die Mahle schöner Tage hing.
    Anders klang das Lied der Nachtigallen,
    Und des Waldes Tiefe minder hohl:...

  • Laura starb! o, naht euch sanft, ihr Lenze!
    Weiße Blumen streut auf ihre Gruft!
    Und, im Lispel der beseelten Kränze,
    Schwebe heiliger die Abendluft!
    Engel! schmückt die Amaranthenlaube,
    Die den neuen Himmelsgast empfing!...

  • Wiedersehn!
    Endlich tönt dir mein Willkommen!
    Meine höchsten Huldigungen
    Sollen dir entgegen wehn!
    Endlich hab' ich dich errungen!
    Hell, wie Frühlingsauferstehn,
    Leuchtest du, o Wiedersehn!

    Wiedersehn!...