Die Klippe

Wenn aus der tiefen Nacht der Wimpern Säume
Mir Deiner Augen Licht, der süßen, blauen,
So freundlich lacht, wie sonnige Veilchen-Auen
Aus ernstem Kranze schattendunkler Bäume:

Den Himmel selbst, gefaßt in diese Räume,
Und Edens Fluren wähn' ich einzuschauen!
Da will mein Blick sich eine Heimat bauen,
Mein Geist lustwallt vertieft in holde Träume -

Doch ach! traumwandelnd ruft' es aus den heitern
Gefilden plötzlich ihn, wie Stimmen der Sirene,
Herab zum Rosenbord der schönsten Lippen,

Und Ohr und Blick versenkt zum Quell der Töne,
Muß er, im Angesicht der Zauberklippen,
Umsonst erwacht, nur so gewisser scheitern!

Collection: 
1816

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Was deuten diese magischen Gestalten,
So glühnde Rosen auf des Winters Auen?
Wird nicht ihr Brand den zarten Schnee erthauen?
Wird nicht vom Schnee die Purpurglut erkalten? -

Sieh, sieh! Beweglich lassen sie sich schauen!
Ein...

Du gehst - und ach! der Lenz, der nun begonnen,
Dein schönes Ebenbild, wird mit Dir scheiden! -
Mit eins ist Lust und Leben mir zerronnen:
Denn mit Dir ziehen alle meine Freuden!

Zur fernen Flur, die ewig drum zu neiden,
...

Fühlst Du nun bald auf väterlichen Auen
Der Berge Frühlings-Lüftchen Dich umfließen,
Wie sehnsuchtsvoll die Wolken auf Dich schauen
Und freundlich nickend Blum' und Zweig begrüßen;

Siehst Du am Fels, im heimlich-süßen Grauen
...

Nicht in vergangne, nicht in künftge Ferne
Zieht Sehnsucht Dich und hoffendes Verlangen;
Nur an der Gegenwart liebst Du zu hangen
Und greifst das Leben so im innern Kerne.

O diesem Beyspiel folgt' ich nur zu gerne
Und hielte...

Kennst Du wohl jenen Stein, den wunderbaren,
Der aus der Sonne saugt ein heimlich Leben? -
Doch läßt sein stilles liebevolles Streben
Ihr allgemeiner Tag uns nicht gewahren;

Nur wenn ihn Nacht und Finsterniß umweben,
Kann das...