Das Abendglöcklein läutet,
Der Tag will schlafen geh'n,
Er ist wohl müde geworden?
Schlaf' wohl auf Wiederseh'n!
Da droben am dunk'len Zelte,
Da seh' ich wandeln den Herrn,
Er zündet an die Kerzen
Geschäftig, Stern an Stern.
Er greift mit sanften Decken,
Wie Nebelschleier fein,
Und hüllt die liebe Erde
Damit zum Schlummer ein.
Und bleibt ein treuer Hüter,
Bei ihr auf stiller Wacht,
Und schirmt mit mächtigen Händen
Sie in der dunk'len Nacht.
Und alle, eh' sie schlafen,
Die Wellen - Baum und Strauch,
Seh' ich andächtig beten,
Vöglein und Blumen auch.
Es läutet noch und läutet:
Kind, zum Gebet, o komm!
O, wären wie Blumen und Wellen
Wir auch so sinnig fromm! -
aus: Deutschlands Dichterinnen
in chronologischer Folge
herausgegeben von Abraham Voß
Düsseldorf 1847