Wo beginnt Dein Sänger das kühne Werk doch,
       Hochgepries'ne Frau Du von hundert Zungen!
       Preisenswerthe hoch Du mit hundert Zungen!
       Alles besingt Dich.
       Hier die Berge rings den belaubten Scheitel
       Neigen Dir, zum Himmel empor zu tragen;
       Dort zu Deinem Lob sich erneut der Quelle
       Sanftes Gemurmel.
       Hermon's edler Hain, die Gefilde Sibma's
       Und Engaddi's, Balhamons Garten,
       Karmels hohe Gipfel sich freu'n, den hehren
       Gast zu empfangen.
       Küssen möchte Dich als behaarte Ceder,
       Wie sie ragt auf Libanon's, der Südwest;
       Küssen als Platane der Bach mit linder
       Welle dich möchte.
       Dich als Terebinthe das blonde Thal wünscht,
       Die geschloss'ne Flur als Cypresse wünscht Dich:
       Allen doch entreißt auf der Burg dich Sion's
       Heiliger Felsen.
       Dich die grüne Waldung ersehnt auf Phogor;
       Dich auf ihrem Blatt die cadan'sche Palme
       Schrieb, o hehre Frau, und Amana's krumm auf-
       steigender Scheitel.
       Einst der Jordan stand, als vorüber gingst Du,
       Weithin dort und hier zur kristall'nen Mauer
       Schweigend aufgethürmet, und wich der mittern
       Lade des Bundes.
       Still in Hesbon's Wellen, die unbewegten,
       Malt ein holderlesenes Bild der Zephir,
       Das zurück die eig'ne Gestalt am Rande
       Gab dir, o Nymphe!
       Du des Lebens Ader, erquickest Trock'ne
       Mit des Heiles Born', und ergießest milden
       Quell lebend'gen Lichtes in Gram- und Sorgen-
       Kranke Gemüter.
       Schatten, süßer, wachsender Du des Uebels,
       Nimmst in Schutz den Müden, und stärkst die Kräfte;
       Grün im Feldbusch streuest du Glanz der Zukunft-
       Kündenden Flamme.
       Eine Himmelsleiter du bist, und führest,
       Wohlersteiglich, nieder zur Erd' aus lichten
       Höh'n verläss'ge Stufen, und prägst im festen
       Aether die Schritt' ein.
       Jezt am Pol der Wagen, der nimmer müde,
       Lenkst Du hell mit nächtlicher Glut die Schiffer.
       Jezt den holden Tag, den ersehnten, bringst Du,
       Edeles Frühroth!
       Jene Taube, von des gefang'nen Noah
       Fenster ausgesandt nach den hohen Fluten,
       Kehrtest Du zurück mit der abgepflückten
       Palme des Friedens.
       Ach, obgleich wir traurig geengt in Senirs
       Rauhe Felsen wohnen, doch sollst vom Himmel,
       Als ersah Dein Blick uns, gegirrt Du haben,
       Gleich wie die Turtel:
       Der das Flügel-Paar mit erles'ner Anmut
       Flaumig Silber malt, mit erles'ner Anmut
       Ueberdies der Hals und der Rücken glänzt von
       Wechselndem Golde.
       Wer am Himmel zählt die gereihten Sterne,
       Zählt der Wälder Laub, und des Meeres Tropfen:
       Rühm', ein eitler Sprecher, gezählt zu haben
       Deine Verdienste.
       Frühlings Wonne Du nach dem langen Winter;
       Süße Heiterkeit nach der Seele Stürmen;
       Zu des Schnitters Lust in des Sommers Gluten
       Thauende Wolke:
       Die vom Pfeil der Sonne getroffen röthlich
       Schimmert, und sich wölbt im gesenkten Bogen;
       Dann im Widerstral noch der neuen Farben
       Tausende wechselt.
       Diese Iris, mag im gespannten Ring' auch
       Nicht sie hauchen aus in das Nachtgewölke
       Ihre blüh'nde Seele, doch thauet mild aus
       Freundlicher Wunde.
       Schnell zertreten sieht man die andern Blumen,
       Und gewelket hin mit erstorb'ner Schönheit.
       Nicht den Tod, nicht scheu'st du des Alters Runzeln,
       Himmlische Rose!       
