Wanderer und Liebender

Wanderer
Wandern und streifen
Die Welt entlang,
Liedchen zu pfeifen
Lustigen Klang,
Frohsinn in voller Brust,
Das ist mein' einz'ge Lust.
Leichter Sinn, rasches Blut,
Freiheitskraft, Jugendmuth,
Das ist mein einzig Gut.

Hab' ich zwar nirgend
Heimath und eignen Heerd,
Ist mir doch Größ'res
Schön'res bescheert.
Rings wo sein Lichtgezelt
Himmel hat ausgespannt,
Ueberall in weiter Welt
Blüht mir mein Heimathland.
Bald in des Reichen
Schimmerndem Prunkgemach,
Bald unter Landmann's
Aermlichem Halmendach
Freundlich hier, freundlich da
Bin ich willkommen nah.

Hab' ich auch nirgend
Liebchen, das rein wie Gold
Schön wie die Rose glüht
Keusch wie die Lilie blüht,
Mir nur treueigen hold;
Find' ich doch überall
Lustigen Minnesold.
Minne stets frisch und neu
Schmückt mir des Lebens Mai:
Fessellos, frank und frei
Liebe ich hier und dort
Lieb' ich an jedem Ort.
Darum, so will ich, so lang' es noch geht
Und mich die Frische der Jugend umweht,
Wandern und streifen mit lust'gem Gesang,
Wandern und streifen die Welt entlang.

Liebender
In die Weite, in die Ferne
Aus der Heimath engem Haus,
Trieb's mich mit gewalt'gen Mächten,
Zog's mich früher wohl hinaus.

Hinter jenen blauen Bergen,
Hinter jener weiten Fluth
Ahnete ich Zauberreiche,
Suchte ich des Lebens Gut.

Oft wenn ich voll trüber Stille
Schaute in den Nebelflor,
Der die Ferne mir verhüllte
Wie des Paradieses Thor;

Kamen holde Liebesklänge
Aus der Weite zu mir her,
Und sie sagten mir, was blühe
Hinter Berg und hinter Meer,

Sprachen mir von Zauberhallen
Und von ew'ger Lenzeslust,
Das sich hoch der Sehnsucht Wogen
Hoben in der vollen Brust.

Freudig hätt' ich da gegeben
Heimathheerd und Heimathstrand,
Hätt' ich mit den Wolken ziehen
Können in das Feenland.

Doch da sah ich Sie, die Eine,
Und in der bewegten Brust
Wich die Sehnsucht nach der Ferne
Plötzlich neuer Himmelslust.

Ganz in Lethe's dunkle Fluthen
Tauchte da das ferne Land,
Als das Schicksal, gütig waltend,
Mit der Holden mich verband,

Die in Edens seel'ge Reiche,
Stets umblüht von Lenzespracht,
Mir der Heimath Thäler wandelt,
Wenn ihr Aug' mir Liebe lacht.

Und jetzt möcht' ich nie verlassen,
Nie den lieben stillen Strand -
Wie der Baum, der mächtig wurzelt
Ewigkeit im Heimathland.

Denn in ihrer heitern Nähe
Und in ihrem Engelsblick
Kann ich jetzt allein nur finden
Lebensgut und Lebensglück.

Collection: 
1826

More from Poet

O lichter Mai, du Bote süßer Liebe,
Der hold die Erd' umhüllt mit Lenzesprangen,
Den ihr der Himmel schickt in glühndem Triebe,
Daß bräutlich sie den Bräut'gam mög' umfangen,
Wie lächelst du nach Winters langer Trübe!
Du spielst...

Der Jüngling ging durchs Dunkel hin
In blassem Mondenscheine.
Ihm war's so weh in Herz und Sinn,
So traurig und alleine.

Der Jüngling ging durch grünen Wald,
Da lauschte zwischen Bäumen
Die allerlieblichste Gestalt...

Brillanten Bilder in der Nacht
Am hohen Himmel funkeln.
Sie glänzen in erhab'ner Pracht,
Und schau'n so herrlich durch die Nacht,
Wie brennende Karfunkeln.
Doch wenn das Morgenroth erwacht,
Beginnt ihr Licht zu...

Brüder, eine alte Lehre,
Die ich hoch und tief verehre,
Spricht, wer Frauenzimmern traut,
Hat auf lockern Sand gebaut.

Habt ihr noch in euren Jahren
Nicht des Sprüchleins Kraft erfahren,
Noch ein kurzes Spännelin...

Zwei Sonette

1.
Schwer war gedrückt die Flur vom Wintereise,
Und von dem weithin finstern Himmelsbogen
Kam sturmgepeitscht der Schnee herabgeflogen,
Verschüttend ganz des Waldwegs enge Gleise.

So ging durch Nacht...