Den Bergweg hinunter, im Sternenstrahl,
Enteilt unser Wagen dahin ins Thal -
Und mit uns die Qual.
Die reizende Qual, die Tochter der Lust,
Lag schlafend bezwungen in unserer Brust,
Und Keinem bewußt.
Nun reckt sie die bleichen Glieder empor,
Und flüstert uns Beiden ein Wort ins Ohr
Das längst ich verlor.
Sie schließt deine Finger um meine Hand
Und weiset hinaus gen den Waldesrand,
In's mondfahle Land.
Als zeigte sie uns die Wege dahin,
Wo einst ich mit dir wohl gewandert bin,
Mit träumenden Sinn _
Sind dort nicht die Thale der Seligkeit.
Da wunschlos sich und in Trunkenheit
Vollendet die Zeit?
Die Qual schaut sich reglos um im Kreis
Und schüttelt das Haupt, als ob sie's nicht weiß,
Dann redet sie leis:
"Und nähmet ihr Flügel vom Morgenroth,
Ihr Beide, ihr fändet nach Gottes Gebot,
Statt Glück nur die Noth.
Einst lag euch der Weg zur Glückseligkeit
Gluthsonnig geöffnet und dehnte sich breit -
Nun liegt er so weit ...
Ihr waret von Zweifeln blöde verwirrt,
Verloret den Pfad und habt euch verirrt,
Von Sumpflicht umschwirrt!
Nur manchmal in schauernder Frühlingsnacht
Da deutet die Qual euch die Wege sacht,
Die nicht ihr gemacht. " -
Und stumm ward die Qual nun und blickte uns an,
Der Wagen flog lautlos mit uns hindann,
Wie Geistergespann ...
Und rings lag das Land von Thränen bethaut -
Wir haben uns hoffnungsleer angeschaut
Und weinten dann laut - - ...
aus: Dichtungen von Alberta von Puttkamer
Leipzig 1885