Spaziergang

Der Sturmwind springt mit rasendem Schwung
Über leuchtende Wiesen.
Er packt die Eichen bei Wurzel und Ast,
Die knarrenden Riesen.

Mir zum Triumph bestreut er den Weg
Mit breiten Zweigen,
Und hoch in Lüften spielt er mir auf
Mit juchzenden Geigen.

Die Erde klingt meinem harten Tritt
Auf schweigenden Wegen –
Was ist mir noch an der lauen Welt,
An mir selber gelegen?

Was ich gewesen, was ich gelebt,
War Jammer und Schwäche.
Mir spannt sich die Faust, auf daß ich den Tand
Mit Fäusten zerbreche.

Ich wachse, ich steige, ich werde frei,
Sturm werde mein Wille! –
Mein Denken fliegt wie ein Jubelschrei
Durch die Winterstille.

Collection: 
1907

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(Die Geliebte spricht:)

Ach, mit gepreßtem Herzen
War ich aufs Lager gesunken;
Ich hatte heimlich-verschwiegen
Den Kelch des Leids getrunken.

Ich wähnte das Glück verloren;
In bangen Zweifelstunden...

Mit meinem Lieb durchstrich ich deutschen Wald,
Und froher Rausch aus grünem Licht und Duft,
Aus Windes-Orgelklang und Bergesluft
Ergriff die freudeoffenen Herzen bald.
O Kuß in eines Walds geheimstem Grund!
Fern oben über...

Rings umschattet uns schweigendes Waldesgrün;
Atmende Dämmrung hebt sich sacht zu den Wipfeln;
Nur durch die Lichtung glänzt und glitzert
Des Stromes rinnender Spiegel.
Da faßt du mich lächelnd bei beiden Händen
Und fragst mich,...

Du sollst mir nicht so scheu bewundernd,
So staunend in die Augen sehn;
Nicht soll mein Bild so übermächtig,
So stolz vor deiner Seele stehn.

Du sollst nicht wähnen, daß mein Denken
Sich frei im reinen Lichte wiegt,...

Oft wenn am Fenster glüht die Lampe
Und du mir winkst den Scheidegruß,
Weilt unten noch im stillen Garten,
Gebannt durch Zaubermacht, mein Fuß.

Dann trifft mich noch aus deinen Augen
Ein Blick so wundersam und tief,...