Sonette

1.
 Amor und Psyche
Relief von Thorwaldsen

Sie kniet vor ihm, umfaßt ihn heiß und bang,
Mir ist's, als hört ich trüb die Arme klagen:
"O rette mich, sonst muß ich schier verzagen,
Verschmachten ganz im wirren Lebensgang.

Nach goldnen Glück empfind' ich heißen Drang,
Und kann doch nie der Sehnsucht Ziel erjagen,
Verlassen bin ich, elend und zerschlagen,
Gieb du das Heil, darnach umsonst ich rang!"

Er aber faßt voll Huld ihr schweres Haupt:
"Ich weiß: umsonst ist alles Erdenhoffen,
Ich bin's allein, der Ruh' und Trost verleiht.

Drum wohl dir, daß du treu an mich geglaubt
Getrost! Ich zeige dir den Himmel offen
Und schenke dir der Götter Seligkeit."

Aus: Gedichte von Albert Moeser
Erste Sammlung
Dritte sehr veränderte und vermehrte Auflage
Hamburg Verlagsanstalt und Druckerei Actien-Gesellschaft
1890

Collection: 
1890

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