• An die Gräfinn Neale, Oberhofmeisterinn der Prinzessinn Ferdinand von Preussen, bey Gelegenheit eines übersandten Schauspiels.

    Die Tugend, die man auf der Bühne
    Durch Kunst oft nachmacht, selten fühlt,
    Wo manche reizungsvolle Phryne
    Des Engels Unschuld täuschend spielt,
    5 Ist auch im Leben oft ein blendend Schauspiel nur:
    Nimmt man die Larve weg, so...

  • An die Horen.

          Schöne himmlische Schwestern, leichte Horen,
    Die ihr auf Aetherflügeln Schmerz und Freude
    Zu den Sterblichen bringt, und Nacht und Morgen
               Wechselnd heraufführt;
    5 Hört, o Töchter Kronions, mich! so lang noch
    Locken der Jugend meine Stirn umkränzen,
    Schwebt in ernster Gestalt vor meiner heitern
              ...

  • [155]
     An die Jungen.

    Laß dich nicht kirren, laß dich nicht wirren
    Durch goldne Aepfel in deinem Lauf!
    Die Schwerter klirren, die Pfeile schwirren,
    Doch halten sie nicht den Helden auf.

    5 Ein kühnes...

  • Wenn mit bescheid’nem Schritt, den Blick gesenkt,
    Die Wangen überglüht von höherm Roth,
    Im ländlich bunten Schmuck, den Kranz im Haar,
    Die Hirtin an der Hand des Bräutigams,
    5 Durchs Dörflein zieht, der kleinen Kirche zu,
    Die in der hohen Linden grüner Nacht,
    Umringt von Gräbern, still geheimnißvoll
    Das Paar empfangen soll zum ernsten Spruch,...

  • [3] An die Leser!

    Was die Ruhr mir sang,
    Wenn ich still gelauscht
    Ihrem Wellenklang,
    Wie es tönt und rauscht
    5 Aus dem Heimatfluß
    Oft so süß und bang –
    Wieder sing’...

  • Von dir, o Liebe, will ich singen!
    zwar deinen Reizen, deiner Macht,
    sind schon so viele Millionen
    elender Verse dargebracht;
    5 es dürfte also schwerlich lohnen
    stolze, dir noch ein neues Lied
    voll deines Lobes darzubringen,
    zumal vor Aerger leicht die Wange glüht,
    wenn man sich selbst ein wenig fühlet,
    10 und sich ganz leis’...

  • [74] AN DIE MASSE

    Ich halte zu euch, aber liebe euch nicht,
    Weil ihr das niemals versteht.
    Und ich liebe – ich liebe – – ich liebe euch doch,
    Weil ihr solcher Liebe entgeht.

    5 Wenn ihr einmal Gelegenheit...

  • [96] An die Meinige

    Legt man die Hand jetzt auf die Gummiwaren?
    Erinnre, Claire, dich an deine Pflicht!
    Das geht nicht so wie in den letzten Jahren:
    Du bist steril, und du vermehrst dich nicht!

    5 Wohlauf...

  • An die Muse.

          Die ekle Welt, der Mode Thorenspiel
    Und Tüncherey zum Spotte hingegeben,
    Hat längst verlernt das kindliche Gefühl
    Der Urnatur und ihr bescheidnes Leben.

    5       Sie achtet wenig auf den stillen Geist
    In Wort und That; mit Rednermeteoren,
    Mit allem, was nur schäumt und prunkt und gleißt,
    Füllst du ihr leicht die Augen...

  • [154] An die Muse.

    Hier nimm die sanfte Leyer wieder,
    O Muse, die du mir geliehn:
    Nun sing ich weiter keine Lieder,
    Die von der Jugend Freuden glühn.

    5 Verzeih, wenn ich zu schwach gespielet...