• [91] DIE LIEBENDE

    Das ist mein Fenster. Eben
    bin ich so sanft erwacht.
    Ich dachte, ich würde schweben.
    Bis wohin reicht mein Leben,
    5 und wo beginnt die Nacht?

    Ich könnte meinen, alles
    wäre noch...

  • [18] Die Liebende

    Ja ich sehne mich nach dir. Ich gleite
    mich verlierend selbst mir aus der Hand,
    ohne Hoffnung, daß ich Das bestreite,
    was zu mir kommt wie aus deiner Seite
    5 ernst und unbeirrt...

  • Die Liebende in dem Flusse Silemnus.[1]

    Ha! wie ist mir? bin ich neu geboren?
    Welche selige Verwandelung!
    Hat sich wirklich meine Qual verloren,
    Oder täuscht mich die Erinnerung?

    5 Nein, ich fühl’ ein neu’res beß’res Leben:
    Sanfter fühl’ ich meines Herzens Schlag,
    Seit mir Kühlung diese Wellen geben,
    Süße...

  • Wie schön, wie schön das stille Land,
    der stille Fluß im Abendschein.
    Ich lege fühlend Hand in Hand
    und sammle mich und denke dein.

    Die Wolken, die da oben stehn,
    von einem roten Gold umsäumt,
    die Wellen, die da unten gehn,
    von einem schwarzen Schilf umträumt,

    Sie...

  • O bunte Lippen zärtlicher als Flöten,
    Herabgebogen wie Gebüsch zur Winterszeit!
    Ihr habt mich aus dem Staub der Morgenröten
    Vorausgeschleudert in die Ewigkeit.

    O Druck der Finger, Druck verschlungner Hände
    Auf dem erglühten Teppich meiner Haut!
    Von meinen Lippen lodern goldne Brände,
    Du bist...

  • Heilig geheimes Gesicht!
    Runen, der schweigenden Stirne eingegraben!
    Die aus dem Brunnen der Lieb getrunken haben,
    halten in schützender Hand ein flackerndes Licht.

    Oh wie nahe der Haß!
    Nahe der Liebe! Schwankende Schale der Tage!
    Süße Schale - bitteres Glas der Klage!
    Tau im Frühling!...

  • Aus: Frauengestalten
    Neun Sonette


    O mein Geliebter, wie ein edles Wild,
    Das seinen Herrn erkannt — leg ich mich leis
    Zu Füßen dir — und wart auf dein Geheiß.
    Denn in der Seele heiligstem Gefild...

  • Ihre Leiber standen in den Abendschatten licht,
    Schmal und hoch, von schimmerloser Bleiche :
    Blütenzweig, den Lieb für Liebe bricht,
    Windgewiegt und taugeküßt am Teiche.

    Stern um Stern kroch übers Dach sie anzusehn,
    Und die Schar der zarten Wolkenlämmer
    Flockte zögernder in lindem Wehn :
    ...

  • Lieblich, wie der Hoffnung Zaubertöne,
    flötet dort im Blüthenbusch versteckt
    Philomele, während sich der schöne
    Abendhimmel leicht mit Rosen deckt.

    O! in Allem, was die Säng'rin flötet,
    lausch' ich deiner Stimme rein und mild,
    und der Schimmer, der den Himmel röthet,
    mahlt in Lichtgestalten...

  • Dir galt als Liebe nimmer das eitle Spiel,
    Wie's Alltagskinder üben, es rührte dich
    Des Knaben Pfeil nicht, der im Ballsaal
    Schwärmende Herzen, ein Schalk, verwundet.

    Dich weihte Eros, er, der gewalt'ge Gott,
    Der Weltenschöpfer, welcher im Anfang war,
    Der Weltdurchdringer, der der Menschen
    ...