An eine edle Liebende

Dir galt als Liebe nimmer das eitle Spiel,
Wie's Alltagskinder üben, es rührte dich
Des Knaben Pfeil nicht, der im Ballsaal
Schwärmende Herzen, ein Schalk, verwundet.

Dich weihte Eros, er, der gewalt'ge Gott,
Der Weltenschöpfer, welcher im Anfang war,
Der Weltdurchdringer, der der Menschen
Seelen durchfluthend mit Allmacht heimsucht,

Daß sie beklemmt aufstöhnen in Sehnsuchtsqual,
Im glühnden Aug' verrathend des Gottes Zwang,
Die Träumerstirn schwermüthig-ernst um-
lagert von nächtigen Wolkenschatten.

So du: den Kratertiefen der Brust entsteigt
Urkräft'ge Gluth; dich drängt es mit Opfermuth,
Dein selbst nicht und der Welt nicht achtend,
Seelenvermählenden Bund zu pflegen.

Doch solchen Drang, ach, faßt der Erkorne nicht;
Zu klein für maßlos-quellender Liebe Tausch
Vergeht er, überströmt vom Braus der
Mächtig-entfesselten Liebesfluthen.

Wie du auch ringst und bebend um Liebe wirbst,
Es ist doch Wegwurf, nimmer erhöhst du ihn
Zu dir, verschmäht stets muß dein Herz, dein
Heißes, dem Armen Verachtung zollen.

Und du erkennst: hochherziger Seelen Los
Ist: bang vergehn - so will es die Welt - es stirbt
Des höchsten Lebens heil'ge Regung,
Schnöd' vom Gemeinen im Staub zertreten.

Aus: Gedichte von Albert Moeser
Erste Sammlung
Dritte sehr veränderte und vermehrte Auflage
Hamburg Verlagsanstalt und Druckerei Actien-Gesellschaft
1890

Collection: 
1890

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