Die Liebende spricht

O bunte Lippen zärtlicher als Flöten,
Herabgebogen wie Gebüsch zur Winterszeit!
Ihr habt mich aus dem Staub der Morgenröten
Vorausgeschleudert in die Ewigkeit.

O Druck der Finger, Druck verschlungner Hände
Auf dem erglühten Teppich meiner Haut!
Von meinen Lippen lodern goldne Brände,
Du bist der Herr. In Demut ich die Braut.

Gewicht der Welt, das wir in Einfalt trugen,
Hat sich gelöst zu leicht gefügter Last.
Das Rad des Tags fiel knirschend aus den Fugen
Und nur bei dir ist noch mein Leib zu Gast.

Umarmend faßt die Flamme unsre Glieder,
Das Nichts steht still. Die neue Welt beginnt.
Aus dürrem Strauch auftönt ein roter Flieder,
Der in den Blumenstrauß des Himmels rinnt.

Gebirge steigt, von deiner Brust entzündet,
Im Strahl der Glocken, die wir träumend sahn.
Und blau Gewölb von Engelsmund verkündet
Liegt ungebändigt vor uns aufgetan.

Collection: 
1961

More from Poet

Ich bin vom großen Stamm der Götter,
ich bin der höchste, euer Gott.
Ich bin vom Stamm der großen Spötter,
und wahrlich, furchtbar ist mein Spott.

Mein Spott ist furchtbar wie Gewitter,
das jagend durch die Felder springt,...

Tiefe Nacht legt mir im Schlafe
kühle Lippen an die Scheiben,
rauscht und knistert - Hirten treiben
halbverträumt zu Dorf die Schafe.

Zögernd kommt ein Glück gegangen -
Still! daß es den Schritt nicht wende -
leise...

Und nun steigt der Tag die Treppe
in den kühlen Brunnenschacht -
Dame Nacht
raschelt mahnend mit der Schleppe.

Über meine weiße Decke
huscht ein Strahl und scheint - und scheint -
hinter mir in dunkler Ecke...

Winter will den Wald verwehn,
Weg und weiße Wiesen
weisen weiter - Wipfel stehn,
wartend, wache Riesen.

Ach, schon ist mein welker Strauß
wind- und wandermüde.
Seit ich in die Welt hinaus
zog, ist...

Es war ein großer Dichter,
sein Herz war hell und heiß -
ihm glänzten tausend Lichter,
von denen keiner weiß. -

Ihm wiesen tausend Freuden
zu einem hohen Ziel -
ihm galt ein Sichvergeuden
als kindisch-...