•      [98] Lebe wohl!

    Eine dicke Tigerschlange liegt
    müde um mein Herz geringelt.
    ihre satten Augen thun sich zu.
    Einmal züngelt
    5 ihre dünne Zunge noch. Sie schläft ...
    Lebe wohl, mein blutend Täubchen Du.

  • Sieh, mein Außenbild ist fügsam,
    sieh, mein Haben, so genügsam,
    achtet wohl des Gleichgewichts.
    Hat es wenig, dankt für viel es,
    5 wahrt des Weges, Maßes, Zieles
                        und Verzichts.

    Doch mein Innensein verzichtet,
    eh es sich genügsam richtet,
    achtet nicht des Gleichgewichts.
    10 Immer steig’ es oder fall’ es,
    ...

  • [106] LEBEN WIE KARNEVAL

    Jeder summt sein Sümmchen
    Oder brummt sein Brümmchen
    Wie ein Bär oder wie ein Bienchen,
    Wenn er ganz in sich
    5 Hindöst. – Aber öffentlich
    Zieht dann jeder, jede,...

  • [56] LEBENSABSCHNITT

    Ich mache eine Amnestie
    Aus herzlichem Verlangen.
    Und sei auch du und sein auch Sie
    Zu mir ganz unbefangen.

    5 Das Leben ist ein Rutsch-Vorbei.
    Nur das, was...

  • Lebensgenuß.
    Sonnett.

         Nur Ein Mahl, Freund! nur Ein Mahl leben wir;
    Nur Ein Mahl blüht der Lenz der Jugend dir.
    Senkt einst der Tod auch dir die Fackel nieder,
    Dann weckt dich nie die goldne Frühe wieder.

    5      Genieße froh! so mahnen dich die Lieder
    Des jungen Hains und diese Rosen hier.
    Heut kühlt dich noch das Schattendach von...

  •      Eine große Landstraß’ ist unsre Erd’,
    Wir Menschen sind Passagiere;
    Man rennet und jaget, zu Fuß und zu Pferd,
    Wie Läufer oder Couriere.

    5      Man fährt sich vorüber, man nicket, man grüßt
    Mit dem Taschentuch’ aus der Carosse;
    Man hätte sich gerne geherzt und geküßt, –
    Doch jagen von hinnen die Rosse.

         Kaum trafen wir uns auf...

  • [158] Lebenslauf.

    Hochauf strebte mein Geist, aber die Liebe zog
    Bald ihn nieder; Das Leid beugt ihn gewaltiger;
         So durchlauf’ ich des Lebens
              Bogen und kehre, woher ich kam.

  • [33] Lebenslauf

    Geboren ward Klabund,
    Da war er achtzehn Jahre
    Und hatte blonde Haare
    Und war gesund.

    5 Doch als er starb, ein Trott,
    War er zwei Jahre älter,
    Ein morscher Luftbehälter,
    So stieg er aufs Schafott.

    Er bracht ein Zwilling um
    10 (Das Mädchen war vom Lande
    Und kam dadurch in Schande
    Und ins...

  • [15] LEBENSLIED

    Den Erben laß verschwenden
    An Adler, Lamm und Pfau
    Das Salböl aus den Händen
    Der toten alten Frau!
    5 Die Toten, die entgleiten,
    Die Wipfel in dem Weitem –
    Ihm sind sie wie das...

  • Lebensmelodien.

    Der Schwan.
    Auf den Wassern wohnt mein stilles Leben,
    Zieht nur gleiche Kreise, die verschweben,
    Und mir schwindet nie im feuchten Spiegel
    Der gebogne Hals und die Gestalt.

    Der Adler.
    5 Ich haus’ in den felsigen Klüften,
    Ich braus’ in den stürmenden Lüften,
    Vertrauend dem schlagenden Flügel
    Bei Jagd und...