•      Wie auf dem Felde die Weizenhalmen,
    So wachsen und wogen im Menschengeist
    Die Gedanken.
    Aber die zarten Gedanken der Liebe
    5 Sind wie lustig dazwischenblühende,
    Roth’ und blaue Blumen.

    Roth’ und blaue Blumen!
    Der mürrische Schnitter verwirft Euch als nutzlos,
    Hölzerne Flegel zerdröschen Euch höhnend,
    10 Sogar der hablose...

  • [422]
                   Epilog zum Kriege.
                        Februar 1871

    Germania, der Sieg ist dein!
    Die Fahnen wehn, die Glocken klingen,
    Elsaß ist dein und Lotharingen;
    Du sprichst: „Jetzt muß der Bau...

  • Freund, wie macht es dich so traurig,
    Daß, so oft man dich verkennt? –
    Jeden Ausbruch deiner frohen Laune,
    Mit der Schmähsucht schallenden Posaune
    5 Vorwitz und Satyre nennt! –

    War es nicht das Loos der schönsten Seelen
    Immer sich verkannt zu sehn? –
    Ja, es kann, es kann nicht fehlen,
    Gute Menschen müssen Neider zählen,
    10 Die bey...

  • Epistel an ***.

    Freund! den ein guter Gott zum Trost mir zugesandt,
    Als ich an der Verzweiflung Rand
    Nur Schmerzen fühlte, die, von Furien erzeuget,
    Mein Mund umsonst verschweiget. –
    5 Ha, sahst du, Edler! nicht die Zähren glühend fließen,
    Die mir der Liebe Hochverrath erpreßt?
    Noch lange werd’ ich sie vergießen,
    Da Freund und Freundinn...

  • Epistel an Madame Unger in Berlin. [1]

    Wohl Dir! mir ewig werthes Weib!
    Geneuß den holden Seelenfrieden,
    Bey dem, was dir das Glück beschieden:
    Er würzet jeden Zeitvertreib;
    5 Erhöhet den Genuß, geust Balsam in die Wunde,
    Die uns in einer bösen Stunde,
    Die Göttinn des Geschicks voll schwarzer Laune schlug.
    Mich...

  • Epistel an Susalis. Im Rosenmonath 1790.

    Susalis, seufzest du wieder!
    Birgt sich die Sonne des Glücks
    Abermahls unter ein Wölkchen?
    Siehest du trauriges Blicks
    5 Auf die blühende Rose?
    Ach, ich hatte sie lieb,
    Eh’ der kommende Frühling
    Ihre Knospe noch trieb.
    Ich lobsinge dem Schöpfer,
    10 Daß er leben mich ließ;
    Denn...

  • Epistel an den Baron S** von M** zu Coburg.

    Ja, Freund! daß alles eitel sey,
    Schrieb Salomo, der Juden weiser König;
    Sey’s Wahrheit oder nicht, mein Herz das stimmt ihm bey:
    Denn ein erfüllter Wunsch gewährt des Glückes wenig;
    5 So bald wir ihn erlangt, verliert er seinen Preis.
    Gleich einem Kinde jaget
    Der Jüngling, Mann und Greis
    Nach...

  • Epistel an den Geheimenrath von Diez.

    Leicht aufgescheucht vom kurzen Morgenschlummer,
    Blickt’ ich halb schüchtern um mich her:
    Und schämte mich, daß noch der böse Dämon Kummer
    Verrätherisch die Ruhe mir geraubt. – Ach! Er,
    5 Der mit gestähltem Herzen
    Der Stoa Lehrer ist, Er lehrte mich die Schmerzen,
    In ihrer allerstärksten Wuth
    Mit...

  • Epistel an den Geheimenrath von Diez.

    Dir dank’ ich, edler Mann! für jene frohe Stunden,
    Die Witz und Geist und Scherz dem Herzen mitgetheilt,
    Das unter gute Menschen gern verweilt,
    Die deine Freundschaft ehrt. Die Freude, dort empfunden,
    5 War lange meiner Seele fremde, war
    Schon manches durchgeweinte Jahr
    Für mich ein Bild der bessern Ideale...

  • Epistel an den Herzog Ferdinand zu Braunschweig-Lüneburg.

    Dein Beyfall, großer Menschenfreund,
    Ist mir mehr werth, als wenn zu meinem Preise
    Sich eine halbe Welt vereint.
    Mein Schicksal drängte mich aus jenem Gleise,
    5 Worin Beruf, Natur und Häuslichkeit uns setzt.
    Ganz Weib, ganz Mutter seyn bey stillem Seelenfrieden
    War stets mein Wunsch, ist...