• Du hast mich längst verlassen,
    Längst hin ist Lust und Weh';
    Doch rührt mein Herz sich leise,
    Wenn ich dein Antlitz seh'.

    Dein Reiz ist lang verwelket,
    Mir blühet ewig jung
    Auf deinen bleichen Wangen
    Sel'ge Erinnerung.

    Es steht die alte Gasse
    Sehnsüchtig...

  • O laß mich stehn an deinem Grabe!
    Ach, nicht das Grab ist's, das uns schied,
    Du bist's, die ich geliebet habe,
    Und die so bitter mich verrieth.
    Du bist dahin. – Dir sei vergeben,
    Warst du doch einstens all' mein Glück!
    Die ich verlor im wilden Leben,
    Giebt mir der sanfter Tod zurück.
    ...

  • II.

    II.
    Wenn Mitternacht den Dom der Sterne
    Betritt mit schweigendem Gebet;
    Wenn aus des Aethers kühler Ferne
    Ein leiser Schöpferodem weht;

    Wenn sich der Erde Busen wieder
    In bräutlichem Entzücken wiegt,
    Und an des Schläfers nackte Glieder
    Sich Cynthia verstohlen schmiegt, -...

  • Komm, süßer Schlaf, du Trost der Nacht,
    Schließ sanft mein Auge zu!
    Ich hab' vergang'ner Zeit gedacht,
    Mein Herz verlangt nach Ruh.

    Einst stilltest du nach Kuß und Scherz
    Verborg'ner Liebe Glück,
    Und lehntest an sein warmes Herz
    Mein selig Haupt zurück.

    Nun ist er...

  • Liebchen, sieh', der Frühling kam uns wieder,
    Alle Wesen glüh'n, ihn zu begrüßen,
    Lebenskeime fluthen durch den Aether,
    Zartes Grün erwacht zu unsern Füßen.

    Daß die Welt nicht in des Todes Banden,
    Ohne Blumen, ohne Menschen bliebe,
    Sandte Gott den Frühling auf die Erde,
    Sandte er in's...

  • Erst streift' ich heimlich, von Schauern durchzückt,
    An des Kleides duftendem Saume,
    Dann wurde dir leise die Hand gedrückt,
    Und du sah'st mich steh'n wie im Traume.

    Und einst in der Nacht, zu verschwiegener Stund',
    Da hab' ich dich bebend umfangen
    Und küßte mit stummem, seligem Mund
    Deine...

  • III.
    An deinem süßen Herzen
    Ruh' ich in stiller Stund',
    Es feuchtet meine Schläfen
    Dein athemwarmer Mund.

    Mich wiegt ein Himmels-Garten;
    Da blühen wunderbar
    Zwei weiße Rosenbüsche
    Mit Knospen purpurklar.

    Im traumsel'gen Schweigen
    Die...

  • IV.

    IV.
    Komm, laß mit Myrthen dir umlauben
    Der Wangen rothgeküßtes Licht!
    Und frage nicht nach meinem Glauben,
    Du kleiner Träumer, frage nicht!

    Ob ich zum Himmelsbürger tauge,
    Lehrt dieses Busens Heiligthum;
    Es predigt mir dein dunkles Auge
    Ein heitres Evangelium.
    ...

  • V.

    V.
    Blick' ich in dein braunes Auge,
    In die dunkle Märchenwelt,
    Wird von seltsam süßem Grauen
    Mir oft leis das Herz geschwellt.
    Ward dir nie die schaur'ge Kunde
    Von den stillen Geisterseen?
    Wo den lustgelockten Wandrer
    Niederzieh'n die Wasserfeen.

    Blick' ich in Dein...

  • VI.

    VI.
    Ich bin erwacht von wilden Träumen,
    Du aber schlummerst sanft und mild.
    Schon will ein Grau die Wolken säumen,
    Doch schweigend liegt noch das Gefild.

    Da ruht dein Leib! – In sanfte Wellen
    Ist aufgelöst der Glieder Pracht,
    Die freien Locken überquellen
    Des Busens Glanz mit...