Liebesfrühling

Liebchen, sieh', der Frühling kam uns wieder,
Alle Wesen glüh'n, ihn zu begrüßen,
Lebenskeime fluthen durch den Aether,
Zartes Grün erwacht zu unsern Füßen.

Daß die Welt nicht in des Todes Banden,
Ohne Blumen, ohne Menschen bliebe,
Sandte Gott den Frühling auf die Erde,
Sandte er in's Menschenherz die Liebe.

Droben noch am Waldberg kämpft der Winter
Hinter'm Eiswall müde und vergebens,
Aber mächtig aus den Blüthenthälern
Jauchzet der Triumphgesang des Lebens.

Liebchen komm'! Wie sich die Schalen lösen
Von der Knospe ahnungsreicher Fülle,
So von deines Leibes Lenzgeheimniß
Heb' ich leis die jungfräuliche Hülle.

Seufzend Sträuben, - athemtrunk'nes Ringen, -
Sel'ger Kampf und seliges Erliegen! -
Wie zwei Rosen wechselnd zu einander
Thaubeschwert die klaren Häupter wiegen.

Herz an Herz, und Lippe an Lippe
In der Wollust ernstverzücktem Schweigen, -
Aber über uns in blauen Lüften
Schmettert's tausendfältig von den Zweigen.

Und der Flieder neigt auf unsre Häupter
Leicht erregt die jungen Blättertriebe, -
Jubelnd nimmt uns auf die Mutter Erde
In den großen Frühlingsbund der Liebe.

Collection: 
1859

More from Poet

  •      

    Das Mondlicht ist versunken kaum,
    Herr Odin sitzt am Galgenbaum,
         Die Todten reden leise.

    „Ihr drei Gesellen über mir,
    Nun saget an, was raunet ihr?“
         Die Todten reden leise.

    „Wir harren auf klein wild Waltraut,
    Die Zeit wird lang...

  • Ich saß in finstrer Trauer,
    Mir war das Herz so schwer, -
    Da kam aus dunkler Ferne
    Einsam ein Stern daher.

    Er glänzt wie eine Thräne,
    Die stille Sehnsucht weint,
    Die wie ein Blick der Hoffnung
    Aus treuen...

  • Und weil ich denn von dannen muß,
    Und all' mein Glück vergangen,
    So laß dich mit bethräntem Kuß
    Ach, einmal noch umfangen!

    O blick' mir nicht so sehniglich
    Hervor aus deinen Thränen!
    Es soll hinfort kein Auge sich...

  • Dein Antlitz ist kein heißer Tag,
    Es ist ein milder Mondenschein;
    Dein Herz bewegt kein wilder Schlag,
    Der Friede Gottes schließt es ein.

    Mein Auge glüht, mein Auge ist wild,
    Sein einz'ger Friedensstern bist du,
    Und...

  • VI.

    VI.
    Ich bin erwacht von wilden Träumen,
    Du aber schlummerst sanft und mild.
    Schon will ein Grau die Wolken säumen,
    Doch schweigend liegt noch das Gefild.

    Da ruht dein Leib! – In sanfte Wellen
    Ist aufgelöst der...