• Die Spinnen.

    Lernet von ihnen die Kunst, wie man auf rauhere Tage
          Kürzer und fester zugleich ordne das sich’re Geweb.
    Seyd ihr des Frühlings gewiß, des milderen, wohl euch, so schwebe
          In dem beweglichen Bau weicher der Faden dahin.
    5 Sehet! die Spinn’ allein webt sorgenvoll und bedächtig,
          Sorglos haschet der Mensch oft nach dem...

  • Die Sterne.

         Wie wohl ist mir im Dunkeln!
    Wie weht die laue Nacht!
    Die Sterne Gottes funkeln
    In feierlicher Pracht.
    5 Komm, Ida, komm ins Freie,
    Und laß in jene Bläue,
    Und laß zu jenen Höhn
    Uns staunend aufwärts sehn!

         Sieh wie die Leier schimmert
    10 Sieh, wie der Adler glüht!
    Sieh, wie die Krone flimmert,...

  • Die Stunde schlägt, das Boot legt an;
         Du gehst, Du Liebling meiner Brust;
    O, daß ich’s noch ertragen kann!
         Das Schicksal ruft und fort du mußt. –
    5 Oft starr’ ich in die Brandung wohl,
         Und ruf’ ihr zu des Herzens Qual:
    „Hier scholl das letzte Lebewohl,
         Dort sah ich sie zum letzten Mal!“

    Am stillen Ufer, abgehärmt,...

  • Die Treue.

         Wie jedes Jahr der Schwalben Reise
    Zu meinem Fenster mich erfreut!
    Sie führen in der Monden Kreise
    Zurück die holde Blüthenzeit;
    5 Der Minne süßes Spiel erneuert
    Sich froh im wohlbekannten Nest,
    Vom jungen Lenz ermuntert, feiert
    Die Treue hier ihr Freudenfest.

         Und wenn des Winters erste Flocken
    10 Dem...

  • Die Ueberraschung.

    Auf dem Lande, bey der trauten Freundin,
    War, ach! eine ewig lange Woche
    Schon mein Liebchen. Alle, alle Tage
    Ging ich vor das Stadtthor, nach der Gegend
    5 Dort am Fuß des südlichen Gebirges,
    Sehnsuchtsvoll zu schaun; – selbst hin zu eilen
    Wehrten mir die leidigen Geschäfte.
    Aerger als ein junger Dichter schalt ich...

  • Nun pranget Berg und Thal in Grün,
         Der Schlüsselblume Knospe springt;
    An Girvan’s Strom die Vöglein zieh’n,
         Verliebte Vöglein, leichtbeschwingt.
    5 Zu Cassillis Strand, bei’m Abendroth,
         Will ich mit meiner Mary zieh’n,
    Doch schöner wie das Abendroth,
         Seh’ ich die Lieb’ im Aug’ ihr glüh’n.

    Das Kind, gezeugt in Macht und...

  • Ihr Ufer und du Thal des Doon,
         Wie könnt ihr blüh’n so frisch und schön!?
    Wie könnt ihr singen, Vöglein ihr! –
         Und ich muß fast vor Schmerz vergeh’n. –
    5 Du brichst mein Herz, du kleiner Fink,
         Der dort dem Weibchen folgt im Schleh,
    Erinnerst an vergang’ne Lust,
         Die ich nicht wiederkehren seh’. –

    Oft irrte ich am...

  • [63] Die Ungerechtigkeit.

    An Chloen.

    Man rühmt an Chloen jederzeit,
    Wie tugendhaft sie sey:
    Und für die Ungerechtigkeit,
    Trägst du doch keine Scheu?

    5 Mit schönem Zorne drohst du mir,
    ...

  • [103] Die Unschuld.

    Mutter.
    Ja, liebes Kind, bisher hab ich dich selbst bewacht:
    Nun bist du sechzehn Jahr, nun nimm dich selbst in Acht!
    Flieh aller falschen Schäfer List:
    Sie sagen dir, wie schön du bist,...

  • Die Verheißung.

    Dich fand ich oft, wenn längst die Abendröthe
         Im Hain entschlief,
    Und dich der sanfte Klang von meiner Flöte
         Mit Sehnsucht rief.

    5 Hier stand ich, wenn ich dein Gewand erspähte,
         Im Göttertraum;
    Dort kamst du her! dein weißer Schleier wehte
         Um jenen Baum,

    Wie in des Frühlings Hauch die...