• Wie wenn die Frau dem Mann was stickt,
    Sie meint, es soll geheim geschehen,
    Doch hat er alles längst erblickt.

    Bist du auch fern so manche Weile,
    Du siehst mir doch hinein ins Blatt,
    Ich schreib' dir keine einz'ge Zeile,
    Die nicht dein Geist erraten hat.

    Du bist so bei mir jede Stunde,
    In...

  • Schöne Meßnerin!
    Holde Führerin
    Durch die Kirche unsrer lieben Frauen!
    Eh' von hier ich schied,
    Will ich diesem Lied
    Einen flücht'gen Gruß an dich vertrauen.

    Mit beredtem Mund
    Gabest du mir kund,
    Wer die schönen Bilder all ersonnen,
    Zogst mein Augenmerk
    Auf manch...

  • Mond und Schnee, wie lieblich fließet
    Euer sanfter Schein zusammen!
    Stundenlang kann ich versenken
    Aug' und Seele in die weißen
    Lichtumflossenen Gefilde;
    Doch ich hab' die stille Wehmuth
    Manchmal nicht gewußt zu deuten,
    Die aus ihnen mir entgegen
    Wehet, wie ein leiser Zauber.
    ...

  • Komm aus dem Thal, steig von der Höh -
    Und welchen Pfad dein Fuß genommen,
    Du bist mir tausendmal willkommen!

    Komm jung und froh, komm alt und trüb,
    Bring Schmerz und Leid, bring Lust und Lieb -
    Das mache nie dein Herz beklommen,
    Du bist mir tausendmal willkommen!

    Wie du auch bist - ich frage nicht,...

  • Die wunde Hinde flieht zum Wald,
    Daß einsam sie verschmachtet,
    Wo nichts als ihr Geächz erschallt
    Und tiefer Schatten nachtet.

    Der Tiger, dem der Sehne Schwung
    Den Todespfeil gesendet,
    Erhebt sich in gewalt'gem Sprung
    Und stürzt - und ist verendet.

    Und in die Wellen taucht der Schwan,...

  • Als ich durch grüne Matten
    Zu Liebchens Haus geschlüpft,
    Ist fröhlich auch mein Schatten
    Mir weit voraus gehüpft.

    Als wir geküßt uns hatten
    Und 's mußt' geschieden sein,
    Schlich traurig selbst mein Schatten
    Und langsam hinterdrein.

    aus: Deutsche Dichterin[n]en und Schriftstelerin[n]...

  • Die Erd' ist voll Blumen, der Himmel voll Sternenlicht -
    's Wär doch ein Wunder, ich liebte mein Mädchen nicht!

    Die Sterne erbleichen, und kurz ist der Mai -
    's Wär doch ein Wunder, ich bliebe ihr treu!

    aus: Deutsche Dichterin[n]en und Schriftstelerin[n]en
    in Wort und Bild
    Herausgegeben von Heinrich Groß...

  • Wie mahnst du mich, und ohne Worte,
    Du kleines Dorf, so wunderbar
    An einst, da ich an diesem Orte
    Zum erstenmale glücklich war;
    Rufst du in hundert kleinen Zügen
    Mir deshalb nur ein Bild zurück,
    Um meine Sehnsucht zu betrügen
    Durch der Erinn'rung herbes Glück?

    Hier kam sie lächelnd mir...

  • Das jüngst noch sie und mich beschien;
    Ich träum' und kann es nie vergessen,
    Wie anders damals wir gesessen.

    Hier stand der Stuhl, auf dem ich saß
    Und ihr mein letztes Liedchen las,
    Ihr Spinnrad dort, mit Flachs am Rocken,
    Nicht goldiger als ihre Locken.

    Vom Feuer ging ein warmes Licht
    Auf...

  • Blumen, die mit kalten Händen
    Winter an das Fenster malt,
    Die nur blüh'n in engen Wänden,
    Farblos, kaum vom Licht bestrahlt,
    Die in langer Nacht entsprießen
    Und am kurzen Tag zerfließen, -
    Ach! das sind gefrorne Blumen!

    Lieder, die in ödem Zimmer
    Der Poet in's Büchlein schreibt,...