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Sonett XXI. William Shakespeare 1840 German

Mir geht’s nicht so, wie es die Muse macht,
Die zum Gedicht gemalte Schönheit treibt,
Die von dem Himmel holt des Schmuckes Pracht,
Zu ihrer alle Schönheit noch beschreibt;
5 Die stolze Bilder auf einander häuft,
Von Erd’ und Meeresperlen, Sonn’ und Mond,...

Sonett XXII. William Shakespeare 1840 German

Mein Spiegel soll nicht sagen, ich sei alt,
So lange Jugend sich mit dir vermählt;
Doch wenn das Alter dich mit Furchen malt,
Dann erst der Tod auch meine Tage zählt.
5 Denn alle Schönheit, die dich jetzt umschwebt,
Ist einzig meines Herzens Strahlenschein,...

Sonett XXIII. William Shakespeare 1840 German

So wie ein schlechter Spieler auf der Bühne,
Der voller Furcht aus seiner Rolle fällt,
Und wie ein Heft’ger mit ergrimmter Miene,
Den zu viel Kraft in strengen Fesseln hält:
5 So auch vergess’ aus Furcht ich selbst zu sagen
Der heißen Liebe voll Huldigung;...

Sonett XXIV. William Shakespeare 1840 German

Mein Auge ist der Maler, der dein Bild
Voll Schönheit in des Herzens Tafel gräbt.
Mein Körper ist der Rahmen, der’s umhüllt,
Durch Perspective wird die Kunst belebt.
5 Es führt der Weg durch meine Brust allein
Zu schauen, wo dein treues Bildniß liegt,
...

Sonett XXIX. William Shakespeare 1840 German

Wenn außer Gunst bei Menschen und Geschick
Ich einsam ganz mein schweres Loos beweine,
Und send’ umsonst empor den fleh’nden Blick,
Und mir zum Unglück auserkoren scheine;
5 Mißgünstig Jenes frohe Zukunft schau’,
Dem Andern seine Freund’ und Reichthum neide,...

Sonett XXV. William Shakespeare 1840 German

Laß dem, den nie der Sterne Gunst betrogen,
Der Ehren und der Titel eiteln Tand;
Indeß ich, dem das Schicksal dies entzogen,
In stiller Freude lebe unbekannt.
5 Des Fürsten Günstling zeigt sein leeres Glück
Nur wie im Sonnenstrahl die Ringelblume,
Und in...

Sonett XXVI. William Shakespeare 1840 German

Herr meiner Liebe, dem zur Lehnbarkeit
Dein hoch Verdienst macht meine Pflicht zu eigen,
Geschriebnes Wort hab’ ich dir hier geweiht,
Die strenge Pflicht, und nicht den Witz zu zeigen.
5 So große Pflicht, – die freilich nur als klein
Mein armer Witz zeigt, dem...

Sonett XXVII. William Shakespeare 1840 German

Zum Lager eil’ ich, matt von schweren Müh’n,
Die nöth’ge Ruh’ dem müden Leib zu geben;
Doch auf die Reise die Gedanken zieh’n,
Der Geist wird wach, wenn stirbt des Körpers Streben.
5 Die Phantasie zu dir nach weiter Ferne
In eifrig frommer Pilgerfahrt dann...

Sonett XXVIII. William Shakespeare 1840 German

Wie kann ich wiederkehren doch in Pracht,
Da mir des Schlummers nöth’ge Wohlthat fehlt,
Wenn Tages Leiden lindert nicht die Nacht,
Und Nacht den Tag, die Nacht der Tag stets quält?
5 Und beide, ob sie gleich sich Feinde nennen,
Vereinigen zu meiner Qual sich...

Sonett XXX. William Shakespeare 1840 German

Wenn vor die Schranken meiner stillen Brust
Ich fordre die Erinn’rung alter Zeit,
Bewein’ ich manchen schmerzlichen Verlust,
Dem alten Schmerz wird neue Klag’ geweiht.
5 Dann strömt mein Auge, Thränen ungewöhnt,
Um treue Freunde, die der Tod verhüllt, –
...

Sonett XXX. Minna von Mädler 1714 German

 
Ich grüße dich, du Schönster unter Schönen,
Ich grüße dich in deinen Feierhallen!
Umringt von deinen jubelnden Vasallen,
Will ich, dich preisend, meinem Drange fröhnen.
...

Sonett XXXI. William Shakespeare 1840 German

Dein Herz ist theuer vieler Menschen Brust,
Die, weil ich sie entbehret, todt geglaubt;
Dort herrscht die Liebe und der Liebe Lust,
Die Freund’ auch, die ich hielt vom Grab geraubt.
5 Wie manche Thrän’, als reine fromme Gabe,
Hat treue Liebe nicht entlocket mir...

Sonett XXXI. Minna von Mädler 1714 German

 
Die Mondnacht hüllt mit feierlichem Schweigen
In ihren Silberschleier Flur und Hain,
Und tausend Elfen schlingen zart und klein
Um Gräser ihren bunten Zauberreigen.
...

Sonett XXXII. William Shakespeare 1840 German

Erlebst du meiner Tag’ ersehntes Ziel,
Wenn mein Gebein mit Staub der Tod vereint,
Und dir durch Zufall in die Hände fiel:
Dies arme, rohe Lied vom todten Freund,
5 Vergleich’ es mit der Zeiten Weitergang;
Obgleich es übertrifft der Andern Singen,
Um...

Sonett XXXIII. William Shakespeare 1840 German

Wohl manchen schönen Morgen sah ich glüh’n,
Mit königlichem Auge Berge grüßen,
Küssend mit goldnem Blick der Wiesen Grün,
Mit Himmelszauber Gold auf Ströme gießen;
5 Doch bald verhüllten niedre Wolken ihn,
In eklem Schleier bergend sein Gesicht,
Die der...

Sonett XXXIV. William Shakespeare 1840 German

Warum versprachst du solchen schönen Tag,
Daß ohne Mantel ich mich fortgewagt,
Da Wolken mich ereilten, die mit Schmach
Die Schönheit häßlich dir verhüllt in Nacht?
5 Nicht hilft’s, daß du die Wolken jetzt durchbrochen,
Und trocknest mir mein sturmgepeitscht...

Sonett XXXIX. William Shakespeare 1840 German

Wie kann ich deinen Werth nach Würden singen,
Da du der bessre Theil ja bist von mir?
Was kann mein eignes Lob mir selber bringen?
Mich preis’ ich ja, wenn Lob ich singe dir.
5 Laß darum schon getrennt uns Beide leben,
Verzichten uns, durch Liebe eins zu sein,...

Sonett XXXV. William Shakespeare 1840 German

Bekümmre dich um was du thatst nicht mehr!
Die Ros’ hat Dornen, Schmutz die Silberquellen,
Verfinst’rung schmäht die Sonn’, und Wolkenheer,
Der Sturm die Knospen, die am schönsten schwellen.
5 Jedweder fehlt; und eben hierin ich,
Gutheißend deinen Fehl durch...

Sonett XXXVI. William Shakespeare 1840 German

Getrennt laß stets uns sein, ich muß es sagen,
Ob unsre Lieb’ auch ungetheilt mag sein;
So werde dann die Flecken ich nur tragen,
Die Last sei ohne deine Hülfe mein.
5 Es bleibet unser Lieben stets verbunden,
Ob schwer auch Trennung unser Leben drückt;
...

Sonett XXXVII. William Shakespeare 1840 German

So wie mit Freuden seinen tücht’gen Sohn
Der greise Vater kräftig handeln sieht,
So mir, gelähmt durch Schicksals ärgsten Hohn,
Aus deinem Werth und Gradsinn Trost erblüht;
5 Denn ob Geburt, ob Schönheit, Reichthum, Witz,
Ob dieser einem, allen, andern noch...