Tasso’s Gemach

Im letzten Abendschimmer,
Wie kahl und öd’ dein Zimmer:
Nach einem Sonnentraum
Ein nackter Zellenraum!

Dein Krucifix, das bleiche,
Die Mask’ von deiner Leiche,
Der Stuhl, in dem du starbst
Und endlich Ruh’ erwarbst,

Sonst nichts; doch dir zu Füßen
Mit ihren Palmengrüßen
Die Stadt der Christenheit,
Die dir den Kranz geweiht!

Wenn deines Weh’s Gespenster
Dich hetzten, sprach dies Fenster:
„Sieh deines Ruhmes Dom –
Jerusalem und Rom!“

Ferrara’s schnöde Bande,
Dein Weh und deine Schande,
Sie wurden oft zu nicht’,
Vor dieses Trostes Licht!

In Christi Wunden tauchte
Dein Lied, dein Herzblut rauchte
Für ihn, drum zog er dich
Vom Kreuz empor zu sich!

Collection: 
1892

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