Lütt Jan

Jan Boje wünscht sich lange schon
Ein Schiff – ach Gott, wie lange schon!
Ein Schiff so groß – ein Schiff – hurra:
Von hier bis nach Amerika.

Die höchsten Tannen sind zu klein,
Die Masten müßten Türme sein,
Die stießen – hei, was ist dabei?
Klingling das Himmelsdach entzwei.

Die Wolken wären Segel gut,
Die knallen wild im Wind vor Wut,
Jan Boje hängt am Klüverbaum
Und strampelt nackt im Wellenschaum.

Jan baumelt an der Reeling, Jan!
Und schaukelt, was er schaukeln kann.
Wenn’s an die Planken plitscht und platscht,
Der blanke Steert ins Wasser klatscht.

Wie greift er da die Fische flink;
Ein Butt bei jedem Wellenblink!
Die dörrt auf Deck der Sonnenschein,
Und Jantje beißt vergnügt hinein.

Jan Boje segelt immerfort,
Spuckt über Back- und Steuerbord
Und kommt zurück trotz Schabernack,
Das ganze Schiff voll Kautabak.

Wer aber ist Jan Boje, he?
Der Teufelsmaat und Held zur See?
Jan Boje ist ein Fischerjung’,
Ein Knirps, ein Kerl, ein frischer Jung’.

Grad liegt er auf dem Bauch im Sand
Und lenkt ein schwimmend Brett am Band,
Und ob die Woge kommt und geht,
Ob sich sein Brett im Wirbel dreht –:

Sein starrer Blick ins Ferne steht.

Da schwillt’s heran im Sonnengleiß
Von tausend Segeln breit und weiß;
Da hebt sich manch ein Riesenbug
Wie düst’rer Spuk und Augentrug …

Das wandert ewig übers Meer.
Wann kommt Jan Bojes Schiff daher?

Collection: 
1907

More from Poet

  • (Die Geliebte spricht:)

    Ach, mit gepreßtem Herzen
    War ich aufs Lager gesunken;
    Ich hatte heimlich-verschwiegen
    Den Kelch des Leids getrunken.

    Ich wähnte das Glück verloren;
    In bangen Zweifelstunden...

  • Mit meinem Lieb durchstrich ich deutschen Wald,
    Und froher Rausch aus grünem Licht und Duft,
    Aus Windes-Orgelklang und Bergesluft
    Ergriff die freudeoffenen Herzen bald.
    O Kuß in eines Walds geheimstem Grund!
    Fern oben über...

  • Rings umschattet uns schweigendes Waldesgrün;
    Atmende Dämmrung hebt sich sacht zu den Wipfeln;
    Nur durch die Lichtung glänzt und glitzert
    Des Stromes rinnender Spiegel.
    Da faßt du mich lächelnd bei beiden Händen
    Und fragst mich,...

  • Du sollst mir nicht so scheu bewundernd,
    So staunend in die Augen sehn;
    Nicht soll mein Bild so übermächtig,
    So stolz vor deiner Seele stehn.

    Du sollst nicht wähnen, daß mein Denken
    Sich frei im reinen Lichte wiegt,...

  • Oft wenn am Fenster glüht die Lampe
    Und du mir winkst den Scheidegruß,
    Weilt unten noch im stillen Garten,
    Gebannt durch Zaubermacht, mein Fuß.

    Dann trifft mich noch aus deinen Augen
    Ein Blick so wundersam und tief,...