O meine Bäume!
Seit meiner Kindheit ahnenden Tagen
Sprech’ ich zu euch, ihr edlen Vertrauten,
Sprech’ ich in stummer, geheimer Sprache,
Und ihr versteht mich
Und atmet mir Antwort.
Wenn von euren dunklen Wänden
Meine Seele widerhallt –
Die wehende Andacht
Verschwiegener Hallen,
Wie heiliges Grauen
Verlassener Tempel
Faßt es mich an.
In reiner Frühe such ich euch
Erquickten Auges,
Und sieh: in euren Zweigwinkeln lauschen
Tage der Kindheit,
Auf euren Wipfeln wiegen sich
Tage der Wand’rung.
Aber am sinkenden Abend,
Wenn silberne Elfenluft durch eure Zweige blickt
Und Birkenschleier im Mondlicht hangen,
Wenn der leuchtende Himmelswandrer
Mondhingewandte Seelen bindet
Mit saugendem Licht,
Dann hangen an euren Stämmen
Schatten der Schwermut,
Und im Gewirr eurer Zweige
Leuchten und dunkeln Geheimnisse
Wie in der Brust erhabener,
Gottversunkener Seelen.
Wie oft, wenn drängende Mittagsglut,
Mit tausend Pfeilen das Haupt umschwirrend,
Zur Qual mir ward,
Fand ich zu euren Füßen
Hundertjährigen Schatten,
Der die Sinne schmeichelnd befängt
Wie hundertjähriger Wein.
Dann, ihr grünen Himmelsleitern,
Lag ich, ein Sohn der Verheißung,
Träumend an eurem Fuß,
Und an euren Ästen stiegen
Auf und nieder
Himmlische Hoffnungen.
Euch, ihr Bäume,
Acht ich des Schöpfers
Göttlichste Kinder.
Ihr wart vor uns Lebenden,
Und eure Kronen bewahren
Vergangenes in rätselvoller Sprache –
Ihr werdet nach uns sein,
Und euer Inn’res
Hegt Keime der Zukunft
In ernstem Schweigen.
Und unbekümmert
Um Vergangenes und Künftiges
Spendet ihr, Wissende,
Frucht und Schatten,
Duft und Schönheit.
In schweigender Hoheit
Wachst ihr empor
Über der Menge Geschrei und Gewühl,
Und überhebt euch nicht,
Neigt euch milde
Zu den Menschen
Und blickt fromm
Zu nächtlichen Sternen.
Menschen, die ihr mich liebt,
Pflanzt Bäume mir auf das Grab,
Daß ihre Wurzeln meinen Leib umfangen
Wie sorgende Arme,
Und ihre Häupter, sich neigend, mir singen
Von Lenzen, die ich ersehnt
Und nicht mehr gesehn.