Ein öd’ Gefild: nicht Baum noch Strauch zu sehen,
Und drüber eines Sommertages Gluth,
Verzehrend, tödtend.... welke Halme wehen
Leis’ raschelnd in des Sandes gelber Fluth,
Wie Feuer träufelt es vom Himmel nieder
Und unter ihm dehnt wie ein fiebernd Weib
Die Ebene die aufgelösten Glieder
Und den gebräunten, nackten Riesenleib. -
Kein Laut.... verstohlen wie Gedanken gehen
Die Lüste über sie hin, schreckgebannt,
Als läge sie mit einem Traum in Wehen,
So unheimlich, wie dieses Tages Brand.
Und schon entringt sich’s grausig ihrem Schooße –
Welch’ Bild! Sieh’ endlos Kreuz an Kreuz gereiht,
Die harten, blutbesudelten Kolosse
Der Schmach in weltverlor’ner Einsamkeit!
Zehntausend und noch mehr, zieh’n Meil’ an Meile
Sie finster hin – unübersehbar ist
Die lange, fürchterliche Schreckenszeile,
Die jeden Schritt mit einem Leben mißt!
Kein Schrei der Qual – kein Athemzug – kein Röcheln
Und Seufzer mehr: zum Kreuze ausgestreckt
Hängt Leib an Leib, vom Haupt bis zu den Knöcheln
Der Schande preisgegeben, unbedeckt;
Gestocktes Blut klebt an den mächt’gen Gliedern,
Die höhnisch nun den Balken angepaßt,
Starr tritt aus den emporgezog’nen Lidern
Das Aug' und sagt, wie’s noch im Tod gehaßt!
Da gellt ein Pfiff – und aus dem Sonnenkreise
Des Äthers stößt ein Geier nieder, wild
Die Fänge krampfend nach der leckern Speise,
Dem Riesenmahl auf offenem Gefild.
Vor Kurzem noch ein Pünktchen hoch im Blauen,
Durchrauscht er nun die Lüste, königlich –
Da zuckt’s an einem Kreuze und – o Grauen,
Zwei todesfahle Wangen röthen sich,
Zwei bleiche, schmerzverzerrte Lippen beben,
Nach Athem ringt ein Busen, qualgepreßt,
Und eine Seele klammert sich an’s Leben
Wie dort, am Kreuzesstamm, der Geier fest....
„Weh’ uns – besiegt!“ so röchelt’s hohl hernieder –
„O Fluch dir, Fluch dir, unersättlich Rom!“
Und durch die starren, ausgespannten Glieder
Ergießt sich’s wie ein neuer Lebensstrom
Und zwingt noch einmal sie, am Kreuz zu ringen;
Noch einmal bäumt in namenlosem Schmerz
Das Fleisch sich unter’m harten Druck der Schlingen,
Der Riesennägel schadenfrohem Erz.
„Weh’ mir, besiegt – um auch als Sklav’ zu sterben –
Als Sklav’!“ und ächzend krümmt er Hand und Fuß –
„Und sah doch, Rom, so nah’ schon dein Verderben,
Ich, der ich dir getrotzt, ich – Spartacus!
O Fluch dir, Fluch – du hast aus uns’ren Knochen
Das Mark, aus uns’rem Leib die Kraft gezehrt,
Wir sterben einsam – sterben ungerochen –
Am Kreuz – im Tode noch von dir entehrt,
Koloß der Frevel und des Übermuthes — “
Er stöhnt es dumpf und schwer zur Seite fällt
Sein Haupt und heiße Tropfen rothen Blutes
Entrieseln seinen Wunden – höhnisch gellt
Vom nächsten Kreuz des Geiers Pfiff dazwischen,
Der bleiche Dulder aber hört es nicht;
Sein Aug’ wird starr und Tod und Leben mischen
Vor ihm sich fieberhaftend zum Gesicht....
Bewegt die Eb’ne sich? Sind’s Menschen, Schemen,
Die dort heranzieh’n, wirr und ungezählt?
Ein Meer von Häuptern scheint’s heranzuströmen,
In fremder Tracht, aus einer and’ren Welt
Und Zeit – Gestalten, deren mächt’ge Glieder
So kraftgeschwellt, wie die am Marterholz,
Doch auf den Lippen trotz’ge Siegeslieder
Und in den Augen des Triumphes Stolz!
Dumpf ächzt die Eb’ne unter ihren Tritten
Und endlos, endlos wallen sie heran,
Zerbroch’ne Ketten klirren ihren Schritten
Musik und roth – blutroth ist ihre Fahn’!
Und vor den blutbeträuften Kreuzen beugen
Sie tief sich, wie’s der Mensch vor Gott einst that,
Und niederlächeln die verklärten Zeugen
Auf ihres Blutes fleischgeword’ne Saat – – –
Aufschreit, in einem Taumel von Entzücken
Der Sklav, so stolz, wie’s Cäsar nie gethan
Und stirbt, den Sieg in den gebroch’nen Blicken –
Erschrocken fliegt der Geier himmelan....